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Montag, 2. August
Auge in Auge mit Australien und den Ureinwohnern

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Unsere Pläne für heute sind eindeutig, da das Ende des Urlaubs bevorsteht und wir noch an Olgas Wunschliste
zu arbeiten haben. Bei diesem Abstecher nach Adelaide wollen wir auch gleich noch die Gelegenheit nutzen, um
dass extra importierte und beim ersten Treffen in Reynella vergessene Dresden-Buch an Darlene zu übergeben.
Nach einem kurzen Ankündigungsanruf machen wir uns auf den Weg und dank Navi erreichen wir ihr Haus ohne
Probleme.

 
Es ist für deutsche Augen vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig, aber uns
gefällt es richtig gut. Der hellblaue Eingeschosser wird von einem rosafar-
benen Zaun umsäumt und ist auf jeden Fall groß genug für eine Person mit
gelegentlichem CouchSurfer-Besuch. So richtig neidisch ist Olga aber auf
ihren wundervollen Wintergarten mit einer Couch zum Lesen. Dieses Bild
wird mich garantiert noch bei der Suche nach einer nächsten Bleibe beein-
flussen und sogar inspirieren. Darlene hat sich jedenfalls über das Dres-
den-Buch sehr gefreut. Hoffentlich bekommen wir irgendwann sogar mal
die Chance, ihr das Fotografierte in Natura zu zeigen. Ohne es so richtig
zu merken, vergeht beim Reden über alles Mögliche fast eine volle Stunde
bis wir sie wieder in Ruhe bzw. mit ihrem Buch zurückgelassen haben.

 
Das nächste Ziel ist Adelaide-City, genauer gesagt die gestern von uns
entdeckte Parkmöglichkeit in der Nähe des Golfplatzes. Von da aus
wollen wir dann zum South Australian Museum an der North Terrace
laufen. Auf dem Fußmarsch vom Parkplatz zum Museum passieren wir
neben vielen Denkmälern von Politikern, Wissenschaftlern und Entde-
ckern
, noch den sehr eindrucksvollen Hauptcampus der Universität von
Adelaide. Sie ist die drittälteste Uni auf dem australischen Kontinent
und wurde bereits 1874 gegründet. Noch sind keine Semesterferien,
d.h. uns begegnen jede Menge junge, wissbegierige Leute und im di-

rekten Vergleich fällt uns auf, dass das Gros asiatischer Herkunft bzw. Verwandtschaft sein muss. Für einen
Europäer zählt Down Under gedanklich bestimmt immer zur westlichen Welt, aber man darf dabei nicht verges-
sen, dass der Hauptkontakt für die Menschen hier aufgrund der direkten Nachbarschaft viel mehr im asiatischen
Raum liegt. Dementsprechend sind natürlich auch die Einflüsse, Einwanderer und wirtschaftlichen Interessen
durch diesen Umstand geprägt.

Das South Australian Museum, abkürzend auch SAM genannt, ist jeden Tag zwischen 10 und 17 Uhr geöffnet
und kostet erstaunlicherweise keinen Cent. Auf insgesamt sechs Etagen zeigen unendlich viele Exponate Ein-
blicke in das antike Ägypten, die Kultur der Aborigines, die Artenvielfalt der Flora und Fauna in Südaustralien,
die Entstehung der Lebewesen anhand von Fossilien, die Entdeckungsreisen von Sir Douglas Mawson, die Welt
der Tiefsee, die Mineralogie mit Hauptaugenmerk auf Opalisierung und die Kultur des gesamten Pazifikraumes.

Nach 3 Stunden kommen wir im Erdgeschoß an und sogleich melden sich
unsere Mägen, um nach so viel geistiger Nahrung auf den Mangel nach
Festem hinzuweisen. Glücklicherweise gibt es im Museum ein kleines
Restaurant, wo wir uns mit Lachs- und Schinkenbaguette, Kaffee, Kakao
und einem Macadamia-Brownie für die nächsten Ziele stärken.

Als erstes wollen wir der Empfehlung von Darlene folgen und brechen zum
nicht sehr weit entfernten Tandanya National Aboriginal Cultural Institute
auf. Schon auf der Straße vorm Eingang sieht man deutlich, dass sich
hierbei alles um die Kunst der Ureinwohner dreht, da die Gehwegplatten
mit traditioneller Punkte-Technik und Strichzeichnungen angemalt worden
sind. Leider haben wir die täglich um die Mittagszeit stattfindende Auffüh-
rung mit Didgeridoomusik und Tänzen verpasst, aber auch die Ausstel-
lungsräume bieten genug Einblicke in diesen Kulturkreis.

Die Galerie zeigt hauptsächlich moderne und trotzdem stark auf die Tradi-
tionen der Aborigines orientierte Kunst, d.h. die Bilder oder Skulpturen
werden mit modernen Materialien hergestellt, behalten aber in der Regel
die traditionellen Muster und Techniken, wie z.B. das Dot-Painting, bei.

Die hier gezeigten Ausstellungen wechseln ständig, der Eintritt ist frei. Wir sehen Werke vom South Australian
Living Artists- bzw. SALA-Festival "Our Metro Mob 2010", bei dem neunzehn Künstler ihre Werke in den Tandan-
ya-Hallen präsentieren. Leider ist es aus urheberrechtlichen Gründen nicht erlaubt, Fotos von den ausgefallenen
Bildern und Skulpturen zu machen, deshalb könnten wir an dieser Stelle manche Exponate nur aus dem Kopf
beschreiben. Doch wie es bei Kunst nun mal so ist, man muss sie sehen, um sie zu begreifen und zu erfassen.
Also bleiben unsere Erinnerungen ganz allein für uns - sorry.

Wir sehen uns wirklich die meisten Kunstwerke an, denn zum einen sind sie recht unterschiedlich und zum
anderen erkennt man trotz aller Abstraktion fast immer die typischen Aborigines-Themen wieder: Tiere, Natur,
Menschen und die vier Elemente. Es macht wirklich sehr viel Spaß, miteinander auszudiskutieren, was man nun
eigentlich vor sich hat und die Zeit vergeht dabei sogar so schnell, dass wir am Ende etwas erstaunt sind, als
wir schon im angrenzenden Shop des Ausgangs ankommen. Auch wenn wir nichts kaufen, schwatzen wir eine
Weile mit dem netten Verkäufer, welcher anhand unserer Aussprache bemerkt, dass wir Ausländer sind. Als er
von unserer deutschen Herkunft erfährt, fragt er uns sogar um Rat. Er erzählt uns, dass seine Frau schwanger
ist und beide noch einen passenden Namen für den baldigen Sohn suchen. Auf seiner zusammengetragenen
Liste stehen auch einige europäische Vornamen und er möchte von uns wissen, wie sie richtig ausgesprochen
werden bzw. welche Bedeutung sie haben.

Jetzt haben wir für heute aber genug über das Land gelernt und gönnen uns mal eine ganz banale Bummelrunde
durch eine Straße voller Shops. Dabei lassen wir im Gegensatz zum letzten Besuch der Innenstadt sogar etwas
Geld der australischen Wirtschaft zukommen. Für die Kinder und lieben Nachbarn, welche während unserer Ab-

wesenheit auf unser Haus aufpassen, werden ein paar T-Shirts und
Souvenirs gekauft. Nebenbei gönnen wir uns einen Snack in der welt-
bekannten Fast-Food-Kette mit dem goldenen M - manche Gewohn-
heiten kann man eben auch in der Ferne einfach nicht abschwören.
Als wir so weiter durch die Einkaufsstraßen laufen, landen wir unvor-
hergesehen im Nachtarbeiterviertel der Stadt. Zum Glück ist es noch
nicht ganz so spät und vor allem nicht dunkel, sodass die Tripel-X-Lä-
den und Sex-Shops etwas an Schmuddelimage und negativem Flair
verlieren. Es wirkt dann eben doch alles wie eine ganz normale Fla-
niermeile mit Ladenlokalen und Bars.

In einem Souvenirshop mit Räumungsverkaufsschild im Fenster sucht

Olga sich zwei T-Shirts mit australischen Insignien aus. Wir mutmaßen mal, dass man den Laden aufgeben will,
weil sich zum einen in diese nicht wirklich touristenfreundliche und in keinem Reiseführer erwähnte Ecke kaum
einer verirrt und zum anderen die Geräuschkulisse der Kreuzung vor der Tür schon nach wenigen Tagen mächtig
nerven kann. Dabei meinen wir nicht einmal den Verkehr an sich, sondern eher die in Adelaide üblichen Ampel-
anlagen mit ihren immer dazugehörigen Signaltönen. In nur ca. 1 m Entfernung steht der Mast bzw. der Anforde-
rungsknopf für die Fußgänger, welcher ständig ein akustisches Signal in einer auf Dauer zum wahnsinnig wer-
denden Lautstärke aussendet. Hat man als Läufer Rot, weist ein permanenter Ping im Sekundentakt auf diesen
Umstand hin (*pock, pock*), bei Grün ein schnelles Trommeln (*ding, ding, ding, ding*), gemäß dem Motto "jetzt
aber hurtig!". Anfangs noch witzig, später aber nur noch nervend gesellt sich zu diesen beiden auch noch ein
dritter Ton, nämlich beim Umschalten von Rot auf Grün: *zoom*. Carsten zieht dabei immer wieder den Vergleich
mit Torpedoabschusstönen des Raumschiffs Enterprise ... es gibt sogar YouTube-Videos, die eine solche Klang-
abfolge wiedergeben. Auch wir haben natürlich ein Video davon gedreht, so etwas glaubt einem ja sonst keiner.

Da so langsam die Dämmerung einsetzt, entscheiden wir den Rückzug zum Auto am Golfplatz anzutreten. Auf
der Rückfahrt nach Reynella legen wir noch einen Zwischenstopp bei Coles ein, denn Olga erhofft sich dort das
einzukaufen, was es eigentlich nur in Australien gibt: Vegemite. Sie hat einem Kollegen, der selbst schon zwei-
mal für längere Zeit auf diesem Kontinent weilte und offensichtlich Gefallen an dieser hier typischen Spezialität
gefunden hat, versprochen etwas davon mitzubringen. Unsere Begeisterung für dieses konzentrierte Hefeextrakt
hält sich dagegen in Grenzen. Was dem Deutschen sein Nutella, ist dem Amerikaner seine Erdnussbutter und
dem Australier das Vegemite der Firma Kraft.

Zurück im Haus des Gastgebers zieht sich Carsten mit dem Laptop zum Internetten zurück, solange Olga sich
mit Marina und ihrer Mutter über das heute Gesehene und Erlebte unterhalte. Sie muss sich dabei sogar etwas
beeilen, denn unsere Vorhaben für heute sind noch nicht vorbei. Wir wollen mal andere kulturelle Einrichtungen
dieses Landes austesten und entscheiden uns für den Kinofilm "Knight and Day" mit Tom Cruise und Cameron
Diaz. In Deutschland zählen wir in unserem Freundes- und Bekanntenkreis wohl eher zu den Cineasten, denn
eigentlich gehen wir doch recht häufig ins Lichtspielhaus ... deshalb wollen wir auch mal erfahren, wie es mit
den bewegten Bildern auf der großen Leinwand in Australien steht. In den USA waren wir bezüglich unserer be-
suchten "movie-theaters" jedenfalls teils überrascht und teils begeistert, denn die Multiplexe dort unterscheiden
sich zu den deutschen in ihren recht steilen "stadium seating", den erstaunlicherweise fehlenden Sitzplatznum-
mern (frühes Kommen und in der Schlange anstellen sichert die besten Plätze) und der Auswahl des Mitnehm-
essens: Popcorn gesalzen oder mit flüssiger Butter, Pizza-Slices und Burger.

Um 20:30 Uhr brechen wir nach Noarlunga zum Wallis Cinema auf. Kaum 20 Minuten später stehen wir im Fo-
yer des Kinos und kaufen unsere Eintrittskarten. Da der Film erst um 21:30 Uhr anfängt, setzen wir uns mit un-
seren Getränken an einen der Tische in der Mitte der Lobby und ziehen unsere ersten Vergleiche zum heimi-
schen Multiplex.

Als der Film beginnt, sitzt mit uns im großen Saal nur noch ein weiteres Pärchen. Bei einem Preis von 10 AUD
pro Karte ist das eigentlich nicht weiter verwunderlich. Mit Freude stellen wir aber fest, dass man zwei beliebige
Einzelsitze durch das Hochklappen der Armlehne zu einem Pärchensitz umwandeln kann. Genau das vermis-
sen wir so sehr in Deutschland! Klar, gelegentlich gibt es auch bei uns ausgewiesene Pärchensitze, aber die
sind selten und in der Regel auch schnell weg.

Der Streifen ist wie erwartet mit viel Bewegung und Action gefüllt, aber die Geschichte ist nicht so überraschend,
dass wir ihm einen Oscar oder zumindest einen Platz in unserem DVD-Regal prophezeien wollen. Danach sehnt
Olga sich eigentlich nur noch nach einer Kopfschmerztablette und ihrem Bett. Carsten kümmert sich darum,
dass sie beides schnellstmöglich bekommt und leistet ihr kurz nach Mitternacht wärmende Gesellschaft unter
der Decke.

 

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