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Sonntag, 1. August
Ein Datschabesuch mit tierischen Begegnungen

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Was für die Deutschen eine lange Fahrt ist, geht in Australien durchaus als Katzensprung durch. Deshalb haben
sich Marina und Sascha vor Jahren für eine Datscha am Murray River entschieden, welche erst nach einer klei-
nen Autofahrt von "nur" 130 km zu erreichen ist. Am heutigen Sonntag haben die beiden uns in ihr Wochenend-
domizil eingeladen und wollen uns die Gegend zeigen bzw. ihre Faszination für diesen Ort nahebringen.

Die ca. 1,5 Stunden dauernde Fahrt dorthin kann durchaus als abwechslungsreich bezeichnet werden, denn auf
die urbanen Gegenden der Adelaider Vororte folgen die mit Wald bewachsenen Hänge der Adelaide Hills und
eine Landschaft, die mit ihren satten Grünflächen an die schottischen Highlands oder an Irland erinnern. Es darf
natürlich auch keine Passage mit dem für Australien typischen Outbackareal fehlen, bevor wir dann am Ende an
den fruchtbaren Ufern des Murray Rivers ankommen. Sogar das Wetter ist der Meinung uns mit Abwechslung zu
bedenken, denn zwischendurch erwischt uns ein sehr starker Regenguss, der bis zum Ziel jedoch wieder strah-
lendem Sonnenschein gewichen ist.

Wir erreichen Walker Flat und die uns bis dahin
unbekannte Datscha von Marina und Sascha. Ge-
mäß den einheimischen Gepflogenheiten bezeich-
nen die beiden sie lieber als "shack", was laut
Englischwörterbuch mit Hütte oder Bretterbude
übersetzt werden kann. Für unsere europäischen
Augen zeigt sich eine völlig andere, etwas außer-

gewöhnliche Architektur. Von der Straße gesehen ähnelt das Haus aufgrund seiner runden Form einer überdi-
mensionalen, zur Hälfte in den Boden eingegrabenen und weiß angemalten Metalltonne oder einer Art Militärba-
racke. Von der Innenausstattung und dem Komfort sind wir daher mehr als beeindruckt, denn die uns bekannten
deutschen Schrebergärten bzw. die darauf befindlichen Datschen, bieten weitaus weniger Platz und Möglichkei-
ten. Hier drinnen ist es sogar so geräumig, dass neben einer gut ausgestatteten Küche und einem recht großen
Wohnzimmer
sogar drei separate Schlafräume untergebracht sind. Nur die runden Seitenwände und die gewölbte
Decke sehen für uns ungewöhnlich aus. Allerdings ist der Raum sehr hoch und man kann bis in jede Ecke ge-
hen, ohne mit dem Kopf oben anzustoßen. Im Wohnzimmer steht in der Ecke ein Kamin, den Sascha aufgrund
der Winterzeit natürlich sogleich anheizt.

Als sich Marina und Sascha damals für dieses Grundstück entschieden haben, lag hinter dem großen Gartenbe-
reich
eine große Seefläche. Allerdings führte die große Dürre der letzten Jahre zu einem Verschwinden der ro-
mantischen Wasserlandschaft und der Blick von der Terrasse fällt nun nur noch auf ein spärlich bewachsenes
Areal, welches den Grund des Sees markiert.

Doch mit dem heutigen Besuch wächst bei unseren Gastgebern wieder die Hoffnung, denn im Vorbeifahren be-
merkten die beiden einen gestiegenen Wasserpegel im Fluss und auch in der angrenzenden Lagune. Erst in
diesem australischen Winter regnet es wohl mal wieder öfter als sonst und somit könnte es bald sogar wieder
Wasser quasi direkt vorm Gartenzaun geben.

 
Sascha kämpft im Garten mit dem Holz, Carsten und Tim spielen im
Wohnzimmer mit einem kleinen Fußball und Olga hilft Marina in der
Küche bei den ersten Vorbereitungen für das Mittagessen. Mit Ausnah-
me des fleißigen Holzhackers fahren ein paar von uns zu dem einzigen
in diesem Ort verfügbaren Einkaufsladen, um noch ein paar Kleinigkei-
ten für unsere geplante Gartenparty zu besorgen. Der Walker Flat Ge-
neral Store liegt genau neben einer Fähranlegestelle und deckt trotz
seiner geringen Größe mit seinen zwei Zapfsäulen, einer kleinen Aus-
wahl an Lebensmitteln, diversen alkoholischen Getränken, der Möglich-

keit Bankgeschäfte zu erledigen und sogar Kanus auszuleihen bestimmt den meisten Teil des täglichen Bedarfs
der Einheimischen ab. Carsten besorgt sich noch bis dato unbekannte, australische Süßigkeiten, bevor wir dann
vom Laden einen kleinen Spaziergang an den Murray River machen. Nebenbei entdecken wir auch tierische Situ-
ationen: ein Pelikan zieht auf dem zweitgrößten Fluss Australiens einsam seine Runden und in einem Eukalyp-
tusbaum sitzen mehrere Kakadupärchen Schulter an Schulter bzw. Flügel an Flügel und beschmusen sich. Süß!

Als wir zur Shack zurückkommen, ist Sascha noch immer sehr
eifrig dabei, Holzscheite für unseren "Schaschlik russischer Art"
(also groß und mit viel Fleisch auf langen Eisenspießen und nicht
auf mickrigen, deutschen Holzstangen) klein zu hacken. Es
macht ihm sichtlich Spaß, denn es ist auf jeden Fall ein guter
Ausgleich zum alltäglichen Programmiererjob. Carsten leistet ihm
dabei etwas Gesellschaft, solange die Frauen schon wieder im

Haus werkeln. Im Nachhinein ist Olga mehr als froh über diese Entscheidung,
denn zwischen den im Garten gelagerten Holzblöcken versteckt sich mitunter
auch Krabbelgetier jeglicher Art. So erscheint nach dem Abschlagen von Rin-
de plötzlich eine ausgewachsene Huntsman Spider, welche zwar nicht giftig
ist, deren Biss aber sehr schmerzhaft sein kann. Erschreckend ist in erster
Linie das Aussehen, denn diese Riesenkrabbenspinne kann mit ihrem platten,
behaarten Körper und den unglaublich langen Beinen bis zu 25 cm Spannwei-
te erreichen. Langsam sind sie auch nicht! Marina und Sascha erklären uns,
dass sich diese revierorientierte Spinnenart gerne in Häusern aufhält und bei-
den Australiern als Gast sogar sehr beliebt ist, da sie andere Insekten und so-
mit auch gefährliche Spinnen, wie z.B. die Red-Back Spider, frisst und fernhält.


 

 
Da sich nun die Sonne von ihrer besten Seite zeigt, beschließen wir einen
Spaziergang durch die Umgebung zu machen und diesmal kommt auch
Sascha mit. Wir laufen ein paar Minuten zum Murray River, wo es mehrere
Stege und eine faszinierende Sicht auf die gegenüberliegende Steilküste
gibt. Geschätzte 40 m hoch ragt eine ockerfarbene Wand, zerfurcht und
kaum von Pflanzen besiedelt, über den Wasserspiegel heraus, wie man sie
sonst nur von Meeresküsten her kennt. Von Marina erfahren wir, dass sie
schon zu Jugendzeiten in der Ukraine durch eine australische Fernsehserie
von diesem Fluss erfahren hat und jetzt zum perfekten Bild eigentlich nur
noch die berühmten Hausboote fehlen, die man als Tourist sogar mieten

kann. Leider kommen heute keine vorbei, denn im Winter läuft das Geschäft damit verständlicherweise nicht so
gut. Die beiden haben sich mit diesem Standort für ihr Wochenendhäuschen jedenfalls einen Traum erfüllt ... wir
können das sogar nachvollziehen.

Weniger verständlich ist der plötzlich einsetzende Starkregen, denn vor 15
Minuten hat die Sonne doch noch so verführerisch geschienen. Wir rennen
so schnell wir können zurück zur schützenden Hütte, doch gründlich nass
werden wir trotzdem. Der Ofen im Wohnzimmer darf uns fortan nicht nur
Wärme spenden, sondern auch noch versuchen, unsere nassen Klamotten
zu trocknen. Während Carsten und Tim mal wieder auf vorsichtigem Niveau
im Wohnzimmer Fußball spielen, muss Sascha seine Schaschlikbraterei
in die regengeschützte Garage verlegen.

Da es draußen immer noch recht frisch ist und tröpfelt, gibt es unser
Schaschlikgelage eben im Wohnzimmer. Während des Essens sehen wir

Footy-Anfänger nebenbei endlich mal ein richtiges Profimatch im Fernsehen. Im Gegensatz zu den Outback-
Spielern hat diese Partie natürlich wesentlich mehr Tempo und es macht richtig Spaß sich den Kampf zwischen
Richmond und Adelaide (Endstand 100:80) anzusehen. Vor allem da wir jetzt auch noch die dazugehörigen Re-
geln beherrschen. Bezüglich des leiblichen Wohls bleiben auch keine Wünsche offen, denn das Schaschlik-
fleisch ist groß geschnitten, sehr gut eingelegt gewesen und schmeckt köstlich! Salat und gekochte Nudeln run-
den die Mahlzeit zusätzlich noch ab.

Da im Winter die Tage in Australien genau so kurz sind wie die in Eu-
ropa, bahnt sich zum späten Nachmittag so langsam ein Untergang
der Sonne
an. Leider wird es deshalb auch Zeit, dass wir zurück nach
Adelaide fahren. Diesmal entscheidet sich Sascha für den Weg ent-
lang des Murray Rivers, um uns noch mehr von der Gegend zeigen zu
können. Dafür setzen wir in Walker Flat mit der kostenlosen (!) Auto-
fähre
über und halten oberhalb der Steilküste am Foster Lookout, um
vor der Abfahrt noch den Blick über das weiträumige Tal genießen zu
können. Von hier oben sind der Fluss und seine Umgebung ein be-
zauberndes und überwältigendes Bild.

Von der Landschaft zwischen Walker Flat und der nächstgrößeren Stadt bekommen wir aber schon nicht mehr
viel zu sehen, da mit der Sonne auch schon wieder das Licht fast komplett weg ist. Wir halten noch kurz im
ca. 2000 Einwohner zählenden Mannum,
einer der ältesten europäischen Siedlungen am Murray River, an, um

wenigstens mal im Halbdunkeln einen Blick auf die berühmten Hausboote und Schaufelraddampfer werfen zu können.

Die restliche Autofahrt nach Reynella
über Murray Bridge und Mount Barker
können wir entweder nur noch in die
Finsternis hinausstarren oder uns mit
Gesprächen beschäftigen. Ersteres hat
nur noch beim Blick nach oben seinen
Reiz, denn selbst aus dem fahrenden

Auto heraus ist der Himmel so voller Sterne, dass man überdeutlich den Verlauf der Milchstraße sehen kann.
Absolut umwerfend!

Zuhause angekommen reichen unsere Kräfte gerade noch zum Auspacken des Autos, zu einer kleinen Unter-
haltung mit den Daheimgebliebenen und zu einem minimalen Abstecher in die Welt des Internets, bevor wir alle
in einen tiefen und entspannten Schlaf fallen. Zumindest für mehr als die Hälfte der derzeit unter diesem Dach
lebenden Personen beginnt morgen ja auch wieder der anstrengende Arbeits- oder Schulalltag.

 

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