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Donnerstag, 29. Juli
Wer ist eigentlich Paul?

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Zum Glück hat Carsten vor dem Schlafen den Wecker gestellt, denn wenn wir heute ausschlafen würden, kämen
wir richtig in Zeitnot, da auch der letzte Tag auf dieser Insel generalstabsmäßig durchgeplant ist. Der wichtigste
Termin dabei ist das Ablegen der Fähre, denn den können wir nicht verschieben oder beeinflussen - sie wird auch
ohne uns ablegen. Und außerdem ist da noch der eng gehaltene Zeitraum für die Öffnungszeiten von Paul's
Place, eine weitere Empfehlung unserer Gastgeber. Der Advertiser, eine sehr bekannte australische Zeitung,
schrieb mal folgendes über diesen Ort: "Australia's weirdest tourist spot and Kangaroo Island's best attraction".

Da jetzt keine Hochsaison ist, öffnet dieser geheimnisvolle Platz seine Pfor-
ten nur an zwei Tagen in der Woche und am Wochenende. Dazu beginnt die
erste Tour um 12 Uhr mittags und die letzte ist um 13 Uhr - nur etwas mehr
als zwei Stunden? Also wollen wir auf jeden Fall pünktlich zum Einlass da
sein, um dann noch rechtzeitig ohne Probleme die Anlegestelle in Penne-
shaw zu erreichen. Wir packen unsere Sachen ins Auto und übergeben den
Zimmerschlüssel an der Rezeption des Motels, bevor wir uns um die mor-
gendliche Nahrungsaufnahme kümmern.

Nach dem gestrigen, höchst exotischen Abendessen ist unser Interesse an
einem anständigen Frühstück enorm. Diesmal entscheiden wir uns ins

KI Lighthouse Café zu gehen. Eine sehr gute Wahl, denn das Angebot entspricht hundertprozentig unseren Be-
dürfnissen und schon in Kürze stehen vor uns auf dem Tisch Spiegeleier mit Schinken, Toast, Pilzen und gebra-
tenen Tomaten, ein Frühstücksburger, ein Omelett, ein Cappuccino und ein Kakao für Carsten. Das auf dem Ge-
tränkekarton aufgedruckte Motto lassen wir uns nicht zweimal sagen:"Feel good!".

 
Gut gestärkt fahren wir zur nördlichen Mitte der Insel. Unterwegs legen wir auf ei-
nem Hügel mit Talblick einen kleinen Stopp ein, denn die Aussicht von hier ist
richtig toll. Die Weite und der Nebelschleier erinnern zwangsläufig an eine Szene
aus "Der Herr der Ringe". Leider sind die begleitenden Umstände für diesen Su-
perblick traurig, denn man sieht hier oben jede Menge gefällter, vorher verbrannter
Bäume und erst durch diese großzügige Schneise kann man bis zum Nordufer
und den Ozean sehen.

 

Es hat in der vergangenen Nacht ein wenig geregnet. Aber zum Glück
nicht besonders stark, denn sonst stünden wir vor einem Problem, da
der Weg zu Paul's Place mal wieder über eine der "unsealed roads"
führt. Nach etwa einem Drittel der Strecke hört der Asphalt auf einmal
auf und der rote Sandboden kommt zum Vorschein. Da die Gegend
recht hügelig ist, hoffen wir, dass die Straße durch die Nässe nicht zu
glitschig geworden ist. Zum Glück bleibt sie mit unserem Getz befahr-
bar, auch wenn er manchmal etwas gefährlich hin und her schlingert.
Somit erreichen wir heil die Pforten unseres Zieles. Allerdings fast eine
Stunde zu früh und nach kurzer Überlegung fahren wir noch ein paar
Kilometer weiter, um den Strand an der Stokes Bay zu besuchen.

 

Wir sind etwas enttäuscht, denn die Waterkant hier sieht für uns etwas unwirtlich aus und das liegt ganz gewiss
nicht nur an der heute fehlenden Sonne und dem aufkommenden Wind. An der steinigen Küste mit großen und
kleinen Felsen mögen sich die Möwen ganz bestimmt sehr wohl fühlen, aber ob Touristen ebenso Spaß an die-
sem Untergrund haben, wagen wir zu bezweifeln. Wir gehen dennoch vom Parkplatz ein wenig zu den größeren
Steinblöcken und entdecken dabei durch Zufall den Wegweiser "beach". Es scheint aber, dass der Pfeil in Rich-
tung der Findlinge zeigt. Tatsächlich führt ein kleiner Trampelpfad durch die Felsspalten und an manchen Stellen
müssen wir wirklich sehr darauf achten, dass wir nirgends anecken. Am Ausgang des Felsenlabyrinths wird der
Blick frei für das, was wir bislang in jedem Reiseprospekt über diesen Ort gelesen haben: feinster, weißer Sand-
strand
, umringt von Klippen sowie ein natürlicher, durch Felsen gerahmter Pool, welcher die Brandung bricht und
sich damit bestens für Familien mit Kindern eignet. Mit so etwas hätten wir nach dem Ausblick am Parkplatz
bestimmt nicht gerechnet ... wie gut, dass wir nicht enttäuscht umgekehrt sind.

Die verschiedenen Felsformationen sind sehr beeindru-
ckend und ähnlich den Remarkable Rocks haben auch hier
Wasser, Wind und Wetter die bizarrsten Gebilde geformt.
Manche erinnern durch ihre Platten und Furchen an aus-
gewaschene Fossilien und ein Stück sieht beispielsweise
wie das Fragment einer Dinosaurierwirbelsäule aus. Wir
balancieren über diese natürlichen Wellenbrecher und ma-
chen es uns an einer einladenden Stelle gemütlich. Olga
und Carsten könnten stundenlang damit verbringen, so ne-
beneinander zu sitzen, auf das Meer hinaus zu blicken,
den Küstenverlauf mit den Augen bis zum Horizont abzu-
laufen und uns über Gott und die Welt zu unterhalten.
Doch Paul's Place ruft, deshalb brechen wir wieder zum
Auto auf
.

Als wir am Zufahrtsgatter ankommen, ist es noch immer geschlossen und ein ers-
tes Auto wartet bereits. Nach ein paar Minuten kommt auch schon das nächste ...
sollte es doch noch voll werden? Wenigstens bei der Pünktlichkeit zeigt sich der
australische Charakter, denn 12 Uhr, wie in dem uns vorliegenden Flyer angegeben,
ist schon vorbei. Mit etwa 20 Minuten Verspätung kommt von der anderen Seite des
Zauns ein Pickup herangefahren und ein Mann mit ziemlich zerschlissenen Klamot-
ten steigt aus, um für uns das Tor zu öffnen. Dann gibt er uns zu verstehen, dass wir
seinem Auto folgen sollen. Zwischendurch legen wir noch einen kleinen Zwischen-

stopp ein, um ein angebundenes Pony mitzunehmen. Auch hier Gelassenheit a la Down Under, denn der Typ
schnappt sich die blaue Kordel an der Trense, führt das Pferd an die Fahrerseite, bindet es an Türholm an und
die Blechkarawane zuckelt gemächlich weiter Richtung Farm.

Von außen sieht die Anlage auf den ersten Blick und schneller Betrachtung recht chaotisch und irgendwie so-
gar verwahrlost aus. Wir parken unsere Autos und versammeln uns am vermeintlichen Haupteingang. Ein Hund
springt über das hüfthohe Tor und holt sich bei jedem der insgesamt 14 Besucher Streicheleinheiten ab. Wir
sind ein bunt gemischter Haufen ab schätzungsweise 15 Jahren aufwärts: eine vierköpfige Familie aus Frank-
reich, ein Pärchen aus den Staaten und zwei weitere Familien, wahrscheinlich aus Australien.

Und dann sehen wir auch schon, lässt man den Hund und das Pony weg, die ersten Farmtiere. Ein Dromedar
lugt über die Mauer und am Eingangsgatter stehen erwartungsvoll ein Wallaby, ein Schaf und eine Gans. Der
Mann taucht wieder auf, führt uns in den Hof und fragt kurz in die Runde, woher wir alle kommen. Er selbst stellt
sich danach als Paul vor und bittet noch um ein wenig Geduld. Daraufhin verschwindet er und von allen Seiten
kommen Tiere auf uns zu. Da stehen wir nun zwischen einer Vielzahl von Zwei- und Vierbeinern, wie z.B. Scha-
fen, Kängurus, Wallabys, Enten, Hühnern, Pfauen, Gänsen, einem Truthahn und einem Alpaka, die sich fast alle
sogar streicheln lassen. Es herrscht ein Lärmgemisch aus Tierlauten, Ausrufe des Entzückens und Anweisun-
gen, wie man sich am besten in die Kamera zu drehen hat. Schon für diesen Streichelzoo hat sich unserer Mei-
nung nach der Weg hierhin gelohnt.


 

 

Dann taucht Paul mit einem Bier in der Hand auf und spricht Olga an, ob sie nicht einem
Känguru die Flasche geben möchte. Erst jetzt fallen ihr der milchige Inhalt und der Gummi-
sauger darauf auf. Natürlich sagt sie zu und er holt sie zu sich in die Mitte. Was nun kommt
hat sie nicht erwartet, denn anstatt dass sie mit der Flasche zu einem Känguru geht, packt
er blitzschnell ein 1,50 m großes Tier am Nacken und Schwanz, hebt es hoch, dreht es auf
den Rücken und lädt es in ihren Armen ab. Zum Abschluss drückt er ihr noch ganz flink die
Flasche in die Hand. Das Känguru ist flauschig weich und verhält sich ganz ruhig. Es fühlt
sich in ihren Armen sichtlich wohl und hat demnach mit Menschen keine Probleme. Paul's
Place nimmt alle möglichen verwaisten und verletzten Tiere auf und pflegt sie, da sie in der
Natur wahrscheinlich nicht überleben würden. Aus diesem Grund sehen sie uns bestimmt
als Futterspender und Krauler, vor denen man keine Scheu zu haben braucht oder gegen
die man aggressiv sein muss. Trotzdem ist Olga irgendwie froh, dass wir keine kleinen Kin-
der in der Gruppe haben, denn da würde sie vielleicht viel zu sehr den Aufpasser mimen.

So langsam wird ihr "Baby" schwer und sie freue sich sogar ein wenig als Paul das nächs-
te weibliche Opfer, die Amerikanerin, aus der Gruppe holt. Nachdem nun das eine Känguru
mit Milch abgefüllt ist, bringt Paul einen mit Weizenkörnern gefüllten Eimer und gibt ihn an
einen Mann mit hellem Anorak weiter. Die Tiere erkennen die Futterquelle ganz genau und
scharen sich fortan darum. Jeder von uns holt sich immer wieder eine Handvoll Körner he-
raus und füttert die um uns herumwuselnden Viecher. Wir sind glücklich, der Eimerhalter
bestimmt nicht!

Er wird immer wieder arg von einem Schaf bedrängt, welches sich auf die Hinterbeine auf-
stellt und mit den Vorderhufen versucht an seiner Brust höher und somit an den Eimer zu
kommen. Da wir nun mal auf einer Farm sind, entspricht die Bodenqualität der Umgebung
nicht gerade einem sauberen Untergrund und seine beige Jacke und hellblaue Jeans ist im
Nu mit Dreckspuren übersät. Den ersten erwischt es immer unvorbereitet (war bei Olga ja
vorhin auch nicht anders) und so halten wir uns bei der weiteren Führung immer dann de-
zent im Hintergrund, wenn die Gefäße mit Futtermittel an den Nächsten gebracht werden sollen.

Kängurus und Wallabys haben beim Essen eine faszinierende Ruhe. Sie halten sich mit den Krallen der Vorder-
läufe an der Hand
fest und kauen so bedächtig und hochkonzentriert, als ob sie die Unendlichkeit der Zeit für
sich beansprucht haben. Olga streichelt die von ihr gefütterten Tiere aus zwei Gründen sehr oft. Erstens findet
sie von den meisten das Fell äußerst kuschelig weich und zweitens kann sie die beim Fressen produzierte und
auf ihrer Hand verteilten Spucke wieder direkt an die Quelle zurückgeben. Wasser zum Händewaschen sehen
wir nirgends. Carsten will seine Hände lieber sauber halten und entscheidet sich mehr fürs Fotografieren als fürs
Füttern ... soll Olga ganz recht sein, kann sie sich umso länger mit der Wildspeisung beschäftigen.

Irgendwann geht jeder Futtertrog mal zu Neige und wir wechseln zum nächsten Gehege. Die Vielfalt der Tierwelt
ist ähnlich dem ersten, aber diesmal sind auch ein Reh und ein paar Emus dabei. Die Laufvögel bekommt man

wohl nie wieder so nah zu Gesicht bzw. angefasst - erwähnten wir schon,
dass sich der Weg hierher schon jetzt gelohnt hat, obwohl die Führung
noch lange nicht am Ende ist? Der nun schwarze Plastikeimer kommt in
die Hände der Amerikanerin, welche sofort lernen muss, dass die Möglich-
keiten langer Emuhälse ein noch höheres Halten der Futterquelle erfordern.
Wenigstens versucht bei ihr keiner an der Kleidung hochzuklettern. Dafür
muss sich die Jüngste, eine hübsche Französin, gegen einen aufdringlichen
Schafbock wehren, der sein Missfallen gegen ihre Person mit seinen Hör-
nern Ausdruck verleiht. Warum nur gegen sie, bleibt wohl sein Geheimnis,
die anderen ließ er jedenfalls die ganze Zeit in Ruhe.


 

 

Paul will uns in das nächste Gehege führen, aber Olga kann noch nicht sofort mitgehen.
Ein Känguru ist mit seiner Mahlzeit aus ihrer Hand noch nicht fertig und hält sie daher mit
seinen Krallen so lange fest, bis alles aufgegessen ist. Der Versuch, sich etwas eher zu be-
freien, brachte keinen Erfolg, sondern lediglich ein paar schmerzliche Kratzer an ihren Hän-
den. Erst als alle Körner weg sind, darf sie endlich dem Rest der Gruppe nachlaufen. In
Areal Nummer 3 gibt es keine Tiergemenge und auch kein Futtereimer. Paul bringt uns zu
einem auf dem Boden liegenden Emu und wir bedauern ihn natürlich, da wir denken, dass
er krank ist. Dann hebt er den schweren Vogel am Oberkörper an und wir sehen acht gro-
ße, dunkeltürkis gefärbte Eier unter ihm. Der Emu brütet. Es werden sogar zwei Eier vor-
sichtig in unserer Runde herumgegeben. Sie sind so groß, dass es beide Handflächen aus-
füllt. Zudem finden wir die Wärme und Schwere beeindruckend, aber am faszinierendsten
bleibt die intensive Färbung.

Paul erklärt, dass wir auf den Eiern ein Männchen sitzen sehen statt eines Weibchens.
Die Emufrauen sind nur fürs Eierlegen und nicht für die nachträgliche Arbeit zuständig. Das
Männchen kümmert sich nach dem Schlüpfen der Küken noch etwa ein halbes Jahr um
seine Kinder. Wenn man bedenkt, dass Emus in der freien Wildbahn im Durchschnitt etwa
10 bis 20 Jahre leben und dabei jedes Jahr Nachwuchs bekommen können, dann verbleibt
nicht viel Erholung für den Herrn des Nestes. Übrigens, das Weibchen verbringt nach dem
Eierlegen selten Zeit in der Nähe des Vaters ihrer Kinder. Sie wandert normalerweise zum
nächsten Erzeuger und legt auch für ihn gerne ein paar Eier, bevor sie dann wieder weiter-
zieht. Paarungszeit ist in der Regel von April bis Juli.

 
Wir lassen nun den alleinerziehenden Vater mit seiner Brut zurück und gehen weiter zum nächsten Gehege.
Die niedrig gehaltenen Eukalyptusbäume lassen erahnen was kommt, stimmt's? Paul holt mit Hilfe einer Leiter
einen niedlichen Koala herunter und bittet den ersten von uns zu sich. Eine junge Australierin wird ausgesucht
und aufgefordert einen ihrer Arme in die Höhe zu strecken. Im wahrsten Sinne des Wortes hakt das Tier sich mit
seinen kräftigen Krallen in die Kleidung auf der Brust und der Armkuhle ein. Wir müssen dann den Arm wieder
herunternehmen, um damit den Pops zu halten, während die andere Hand den Kopf streicheln kann. Der Koala
benimmt sich abgebrüht wie ein perfektes Profimodel, denn jeder darf ihn mal kurz auf dem Arm halten und da-
bei guckt er sogar fast immer wie gewünscht in die Kamera. Olga finde ihn total knuffig, obwohl sein Fell etwas
drahtiger ist, als das von Kängurus bzw. Wallabys. Wir sind alle völlig begeistert und die Fotoapparate stehen
nicht mehr still. Als die hübsche Französin den Koala im Arm hält, fällt die Bemerkung "how cute!". Wir grinsen
und fragen uns, ob damit immer noch das Tier gemeint ist oder doch eher seine jugendliche Halterin.

Nachdem alle den Koala einmal geherzt haben, darf er zurück auf sein Bäumchen. Dann greift sich Paul den Va-
ter der französischen Familie, stellt ihn mit dem Rücken an einen grünen Blechzaun und richtet seinen Kopf aus.
Was der Mann im Gegensatz zu uns nicht sehen kann, sind zwei Emus, welche mit ihren langen Hälsen gerade

noch so über die Absperrung hervorlugen können. Paul füllt seine Hand
mit Körner und schüttet sie auf das Haar des Mannes. Prompt fangen
die beiden Emus an, ihre Mahlzeit wie wild aufzupicken, aber da das Op-
fer noch grinst, dürfte es ja nicht so sehr weh tun. Zumal alle Männer der
Runde nacheinander an die Wand gestellt werden, kann Carsten Olga aus
erster Hand ihre Vermutung bestätigen. Er hat zwar versucht sich vor die-
ser Behandlung zu drücken, aber der Australier weiß, wie er damit umzu-
gehen hat. Er wendet sich an sie mit der Frage "Hey, German lady, should
your husband get one round, too?" (Deutsche Frau, soll dein Mann auch
eine Runde mitmachen?). Was soll sie da schon antworten?!

Die nächste Station in diesem Tierreich ist eine große Vogelvoliere. Dort bekommt jeder, der möchte, zwei Ka-
kadus auf die Schultern und einen grünen Papagei auf den Kopf gesetzt. Damit das Federvieh nicht auf die Idee
kommt die Freiwilligen zu picken, reicht ihnen Paul immer wieder Mandelkerne. Olga melde sich natürlich eben-
falls und muss auch dann noch ein fröhliches Fotogesicht machen, während sie inständig darum bittet, dass der
Vogel auf ihrem Kopf jetzt nur nichts fallen lässt, während er ihr seine Schwanzfedern ins Gesicht hält. Warum
erinnert man sich ausgerechnet in solchen Situationen an Wissen aus der Schulzeit? Ihr kam plötzlich der Bio-
logieunterricht in den Sinn, in dem sie gelernt haben, dass Vögel vor dem Abheben ihr Gewicht dadurch verrin-
gern, dass sie sich den Darm ausdrücken ... es geht aber trotzdem alles gut und sie ist erleichtert.


   

Fast am Anfangspunkt unseres Rundgangs angelangt, ist Paul mit seinem Sam-
melsurium an Tieren aber noch nicht am Ende. Vor einem Vogelkäfig beginnt er
damit, eine Reihe von Ruflauten zu machen und der darin befindliche Kookaburra
stimmt mit ein. So lernen wir am lebenden Beispiel, warum dieser Vogel hier auch
Laughing Kookaburra bzw. in Deutschland Lachender Hans (der eigentliche Name
ist Jägerlist) heißt, denn sein Schnattern kann kaum mehr als Gesang durchgehen.
Sorry, aber beschreiben können wir den nach lautem Gelächter klingenden Sound
nicht genau - am besten man hört sich das selbst mal auf YouTube oder einer an-
deren Videoplattform an. Er ist einzigartig!

Während Paul mal kurz verschwindet, versucht auch unsere Gruppe ihr Animier-
glück und hat am Ende sogar Erfolg. Dabei bekommt zunächst keiner so richtig
mit, was der Australier für sein großes Finale alles so hervorholt. Erst als wir fast
jeder ein Tier in der Hand, auf dem Arm oder um den Hals haben, bekommt man
einen Überblick über den vorhandenen Zoobestand. Nacheinander werden eine Bart-
agame
, ein Ring-tailed Possum, eine Wüstenspringmaus, ein Python und drei Läm-
mern
betüdelt und gestreichelt. Die Echse vermittelt einen eher stacheligen Ein-
druck, doch in Wirklichkeit ist die ledrige Haut ganz weich. Der Ringbeutler wird ei-
nem im Tuch eingewickelt wie ein Baby in den Arm gelegt und mit Mandeln gefüt-
tert - so süß!!! Die Maus bleibt trotz des Namens glücklicherweise ganz ruhig auf
der Handfläche sitzen, denn man ist aufgrund der kleinen Größe und Zartheit wohl
eher dazu geneigt, sie nicht sonderlich festzuhalten. Olga traut sich sogar die Wür-
geschlange um den Hals zu legen, wenngleich sie dabei nicht so ein fröhliches Ge-
sicht machen kann wie die Amerikanerin. Die Lämmer werden wieder mit Milch aus
den mit Gummisauger präparierten Bierflaschen gesäugt. Total niedlich wie sie da-
bei mit den Schwänzchen wackeln. Als die Tiere wieder eingesammelt werden,
zeigt sich auch Pauls Frau Katja mit deren Baby im Kinderwagen. Sie hilft ihrem
Mann gerne beim Wegbringen, betont aber, dass sie auf keinen Fall die Schlange
nimmt. Diese Kreatur ist ihr definitiv nicht geheuer.

Damit haben wir dann alles gesehen, was es aktuell im Paul's Place zu sehen gibt. Die Begeisterung steht allen
ins Gesicht geschrieben. Wir glauben, mit einem solchen Angebot und diesen Möglichkeiten hat keiner gerech-
net. Eine Person aus der Gruppe ist der Meinung, Paul daran erinnern zu müssen, dass er noch die Eintrittsgel-
der kassieren müsste (pro Erwachsenen 13 AUD), aber wir vermuten dabei eher eine geschickte Geschäftstüch-
tigkeit. Hätte er sie am Anfang eingesammelt, wäre es wahrscheinlich nur bei den festen Preisen geblieben (bei
uns z.B. 26 AUD), doch nach der tollen Führung greift natürlich das Trinkgeldprinzip viel besser. Auch wir runden
auf 30 AUD auf und verzichten auf das Wechselgeld, denn sein Hof hatte viel mehr zu bieten, als wir uns am An-
fang je vorgestellt hätten. So nah kommt man den meisten Tieren selten.

 
Für die Führung ist eigentlich nur etwas mehr als 1 Stunde veranschlagt,
doch wir haben hier am Ende 2 Stunden zugebracht. Wir bedanken uns
noch einmal persönlich bei Paul und müssen uns nun sputen, damit wir
noch rechtzeitig unsere Fähre erreichen. Vor allem die anfangs unbefestigte
Straße dürfte kein schnelles Fahren zulassen. Unterwegs halten wir kurz
an einer Kuppe an, denn der Ausblick auf das Meer ist wieder mal ein Foto-
stopp
wert.

Als wir in Penneshaw ankommen, stellen wir zwar fest, dass wir erneut

überpünktlich sind, aber lieber das, als einer ablegenden Fähre nachzusehen. Außerdem haben wir damit noch
etwas Zeit für einen Spaziergang am Küstensteg gewonnen. Auf einer einladenden Bank niedergelassen genie-
ßen wir den tollen Meeresblick entlang der Küstenlinie.

Als wir die herannahende Fähre erblicken, kehren wir ohne Hektik zum An-
legeplatz zurück. Auch hier läuft dank Vorbestellung unser Ticketkauf und
CheckIn völlig problemlos ab. Carsten parkt erneut nach Einweisung unser
Auto im Bauch der Fähre und vom Oberdeck bestaunen wir dann noch die
Künste eines Road-Train-Fahrers, der seine zwei Anhänger und insgesamt
9 Achsen rückwärts hineinmanövriert.

Diesmal entscheiden wir uns während der Überfahrt im windgeschützten
Bereich zu bleiben und setzen uns auf die gepolsterten Sessel mit Blick
in Fahrtrichtung. Zeitgleich mit einem malerischen Sonnenuntergang legen
wir in Cape Jervis an. Danach folgt bekanntlich nur Minuten später totale

Dunkelheit. Damit nicht genug, geraten wir in den Bergen auch noch in dichten Nebel und zuckeln mit 30 km/h
die Serpentinen rauf und runter. Zum Glück begleitet uns diese Nebelsuppe nicht die ganze Zeit und wir können
nach einer halben Stunde mit angenehmerer Reisegeschwindigkeit die Rückfahrt nach Adelaide fortsetzen.
 


 

Hunger macht sich mal wieder breit und beim erstbesten KFC hal-
ten wir an. Die Wahl fällt auf ein Menü, welches preislich einer Com-
bo für zwei
entspricht, am Ende aber für eine vierköpfige Familie
ausgereicht hätte: ein Eimer mit zwei unterschiedlichen Sorten
Hähnchenteile, eine Packung Chicken-Nuggets, ein großer Becher
Krautsalat, zwei große Portionen Pommes und eine 1,25 l Flasche
Cola. Am Ende sind wir so was von satt und an die Schärfe der
Schenkel und Brüste werden wir die nächsten Tage bestimmt auch
noch bei jedem Klogang erinnert werden. Dieser Besuch hat uns
insofern wieder auf den Pfad der Ernährungstugenden zurückge-
bracht, dass wir für lange Zeit dieser Fast-Food-Kette die kalte
Schulter zeigen werden. Komisch, an McD, BK und Co. könnten
wir uns dumm und dämlich futtern, aber bei KFC wollen wir in der
Regel maximal einmal im Jahr essen.

Dem Platzen nahe dauert es nicht mehr lange und wir kommen
wohl behalten und voller toller Eindrücke in Reynella an, packen un-
sere Sachen aus und berichten unseren Gastgebern von unseren di-
versen Inselabenteuern. Diesmal gehen wir im Vergleich zu den bis-
herigen Tagen recht früh ins Bett und müssen zudem für morgen
endlich mal keinen Wecker stellen. Übrigens, in den vergangenen
drei Tagen wurde der Auslöser unserer Digitalkamera sage und
schreibe 1160 runtergedrückt. Für Coober Pedy kommen wir zu-
sammen mit Saschas Ausbeute auf insgesamt nur 934 Bilder.
Durch die digitale Fotografie erreicht man nun ganz andere Zahlen

als zu Zeiten der Filmrolle, denn die Chipkarten können viel mehr speichern und das Anschauen kostet am Ende
auch nix. Wir möchten gar nicht wissen, wie man noch vor 10 Jahren einen solchen Urlaub im Bild festgehalten
hätte. Bei der Menge an Filmen hätte man zum einen viel zu Schleppen gehabt und zum anderen bestimmt ei-
nen Kredit für die Entwicklung aufnehmen müssen. Es lebe die Technik des 21. Jahrhunderts!

 

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