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Montag, 26. Juli
Wal, da bläst er ... oder doch nicht?

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Heute ist natürlich ganz normaler Alltag in unserer Gastgeberfamilie angesagt, wäre da nicht Marinas Geburts-
tag. So hat sie all ihre Termine von Musikschülern verschoben und macht einen Tag frei. Während wir uns für das
gemeinsame Frühstück ins Zeug legen, begleitet sie ihre beiden Jungs in die Schule.

Gestern Abend haben Marinas Eltern berichtet, dass sie in Victor Harbor waren und dort eine Walmutter mit
ihrem Kind sehen konnten. Marina lebt zwar schon seit Ewigkeit in Australien, aber es ist ihr eigentlich noch nie
gelungen, Wale im offenen Meer zu sehen. Dabei ist die Gegend um Victor Harbor, rund 40 min Autofahrt von
Reynella, bei diesen Giganten ziemlich beliebt. Wir wollen mit ihr nun auch mal unser Glück versuchen ... nach
dem Frühstück. Es gibt Wareniki, das sind mit Quark oder Sauerkirschen gefüllte Teigtaschen. Typisch austra-
lisch ist das wahrlich nicht, aber an so etwas merkt man immer wieder die ukrainischen Ursprünge der Familie.
Für Olga ist ein solches Essen natürlich immer auch eine Erinnerung an ihre Kindheit.

 

Danach fahren wir endlich nach Victor Harbor bzw. zur Fleurieu-Halbinsel,
welche etwa 85 km von Adelaide entfernt ist. In den dortigen Sommermona-
ten ist dieses Städtchen als Sommerresidenz heiß beliebt, jetzt dürfte es
wohl etwas ruhiger und beschaulicher zugehen. Marina hat sich zwar noch
vor der Fahrt im Internet erkundigt, wo genau man die Wale zum letzten Mal
gesehen hat, doch vor Ort fragt sie im Südaustralischen Walcenter erneut
nach, wo unsere Chancen am besten stehen, diese riesigen Säugetiere se-
hen zu können. Leider neigen sie nicht dazu, lange an einem Ort zu verwei-
len und nachdem wir einige der genannten Sichtungspunkte ohne Ergebnis
abgefahren haben, beschließen wir einen schönen Spaziergang ohne Wal-

erlebnis zu machen und einfach nur die Umgebung zu genießen. Einen Parkplatz zu finden ist wie erwartet um
diese Jahreszeit kein Problem.

Wir laufen zunächst an Sehenswürdigkeiten von Victor Harbor vorbei: an der 1867 gebauten, ersten öffentlichen
Toilette
in Port Victor (so hieß der Ort bis 1921) und am berühmten Walbrunnen, wo man die Schwanzflosse ei-
nes eintauchenden Giganten für solche Pechvögel wie uns in Metall gegossen hat.

Dann erreichen wir den 630 m langen Holzsteg nach Granit Island. Wir
hätten sicherlich auch die von Pferden gezogene Straßenbahn nehmen
können, aber das Wetter ist so toll, dass wir uns gerne die Beine auf
dem Weg zur Insel vertreten. Dabei ist die Horse Drawn Tram eine lo-
kale Einmaligkeit. Das vorgespannte Pferd hat trotz der aus unserer
Sicht schweren Arbeit mit dem zweistöckigen Bahnwagen inklusive
Passagiere offensichtlich ein recht gutes Leben. Für ihn und seine ins-
gesamt sieben Kollegen gibt es einen ausgehängten Schichtplan (heu-
te schieben Skye, Misty und Thomas Dienst) und wer will, kann sogar
jedem einzelnen eine Email schreiben ... es haben tatsächlich alle ihre
eigene Adresse (Pferdename@horsedrawntram.com.au). Werden sie
ihnen dann am Ende der Schicht vorgelesen oder wissen sie selbst wie
man ein Emailprogramm bedient?


 


 

Granit Island ist mit seinen ca. 1 km Länge und ca. 700 m Breite einer der meist besuchtesten Nationalparks in
South Australia und zudem ein Zuhause für eine Kolonie von Little Penguins mit ca. 2000 (laut Schild am Steg)
bzw. 150 (laut Webseite) Tieren. Leider sieht man nur tagsüber nichts von ihnen. Trotz, dass hier gerade Winter
herrscht, sehen wir auf unserem kleinen Besichtigungsrundgang saftige Wiesen, viele bunte Blumen und grüne
Bäume
- ein absolutes Kontrastprogramm zu den letzten 3 Tagen im Outback.

Für einen Lauf um die gesamte Insel ist die Zeit leider zu knapp, da Marina wieder rechtzeitig in Adelaide sein
und Tim aus der Schule abholen muss. Doch auch der kleine Rundgang hat es in sich, denn allein die Menge an
außergewöhnlich verwitterten Felsenlädt immer wieder zum Stehenbleiben ein. Manch einer sieht aus wie ein
riesiger Adlerschnabel, auf einem anderen kann man mit etwas Phantasie lustige Gesichter erkennen. Und zu
alledem auch immer wieder der Kontrast zwischen dem Grün der Insel, Dunkelblau des Meeres und Hellblau
des Himmels - wie aus einem Werbevideo! Es fehlt allerdings zum vollkommenen Glück noch der Wal ...

Am Ende unseres Rundgangs sehen wir ein Café
und gönnen uns eine kleine Heißgetränke- und
Gebäckpause mit wunderschönem Meeresblick.
Marina und Olga einigen sich auf ein Stück Ku-
chen "to share", denn man möchte sich zwar et-
was Süßes erlauben, aber doch nicht zu viel auf

einmal, da heute Abend noch ein Restaurantbe-
such zur Feier des Tages vorgesehen ist.

Auf dem Weg zurück zum Auto schlendern wir
noch über die kleine Geschäftspromenade von
Victor Harbor, um dann rechtzeitig um 15:15 Uhr

vor Tims Schule zu stehen und anschließend nach Hause zu fahren. Ohne Walgeschichte und -fotos.

Bevor sich alle zum bereits angekündigten Restaurantbesuch in Schale werfen, übt Marina noch mit Tim Klavier-
spielen
, Carsten begibt sich auf einen Streifzug durch seine Internet-Favoriten und Olga schreibt die in Coober
Pedy gekauften Postkarten.

Die Zeit vergeht dabei wie im Flug und schon bald sitzen wir im Auto zum Stonehouse Bar & Grill fast am ande-
ren Ende der Millionenstadt Adelaide. Wenn die gesamte Familie solche Entfernungen für ein Restaurant auf
sich nimmt, scheint es ja wirklich etwas ganz Besonderes zu sein. Da wir nicht alle in ein Auto passen, fahren
Marina, Olga und Carsten in einem Wagen vor und Marinas Eltern mit den beiden Kindern im zweiten nach. Sa-
scha hat vorher auch noch angerufen, dass er es zeitlich nicht bis nach Hause schafft und daher direkt von der
Firma zum Treffpunkt fährt.

Von außen gibt die Location nichts Außergewöhnliches her und auch von innen sieht es wie ein ganz normaler
Gastraum aus. Was ist also nun das Besondere, dass sich eine solch lange Fahrt lohnt? Die Auflösung steckt
im Namen, denn die große Spezialität dieses Lokals ist, dass man einen auf 400°C erhitzten Steinblock (unter
uns: sieht wie eine gewöhnliche Terrassenplatte in klein aus) gereicht bekommt, auf der man direkt am Platz
sein Essen anbrät. Quasi ein kleines Tisch-Hibachi. Damit können die Gäste sich die Reihenfolge, Geschwindig-
keit und Gargrad des bestellten Menüs (rohes Seafood oder Fleisch in verschiedenen Kombinationen) selbst ein-
teilen. Eine tolle Idee!

 

Die Auswahl des Weines legen wir vertrauensvoll in Saschas Hände, denn schließlich nutzt er seit Jahren schon
die Möglichkeit, in verschiedenen Weinanbaugebieten edle Tropfen zu probieren. Er ordert einen Cabernet Savig-
non aus South Australia ... eine ausgezeichnete Entscheidung! Als Vorspeise bestellen wir für alle noch eine
Platte mit Austern, welche allerdings entgegen der bekannten Rohversion mit etwas Schinken überbacken sind.
Der Hauptgang beinhaltet wie gesagt das Brutzeln der Rohmasse und wer uns kennt weiß, dass Carsten sich
für Fleisch und Olga sich für Fisch entschieden haben.

 
Da Marina natürlich mit uns Wein getrunken hat, bekommt Carsten
die Schlüssel für die Heimfahrt und mit dem uns sehr vertrauten
Navi schafft er das selbstverständlich auch im Dunklen mit Bravour.
Zuhause angekommen dürfen alle noch nicht die Ausgehklamotten
zurück in den Schrank hängen, denn wenn nun schon mal alle so
zusammen sind, drängt sich ein Gruppenfoto doch förmlich auf. Zu-
erst welche für das Familienalbum ohne und dann mit Selbstauslö-
serhilfe auch mit uns Gästen.

Am Ende ist es schon wieder mal ziemlich spät geworden, aber be-
vor wir uns in unser Zimmer zurückziehen, beanspruchen wir noch
das Wissen von Marina und Sascha über Kangaroo Island. Wir bit-
ten die beiden, auf einer Karte die sehenswertesten Orte für uns an-
zustreichen. Zu zweit werden wir morgen für 3 Tage mit dem Miet-
wagen die Insel erkunden und hoffentlich endlich ein Bild von einem
Känguru schießen können. Als unsere Karte dann wie bei einem
Windpockenbefall mit roten Kreisen übersät ist, fangen wir an zu
zweifeln, ob der gewählte Zeitraum wirklich ausreichen wird, um all
das zu schaffen. Nachdem wir uns brav bedankt und vom Geburts-
tagskind samt Mann verabschiedet haben, packen wir noch unsere
Sachen für die kommenden drei Tage zusammen und schlüpfen
erst danach unter unsere warmen Decken


 
 

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