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Sonntag, 25. Juli
Zurück in die "Zivilisation"

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Heute steht schon wieder die Rückreise an. Aber diesmal haben wir keine große
Eile und daher können wir ohne Hetze ausschlafen und gemütlich frühstücken.
Vor der Abfahrt wollen wir in Coober Pedy noch eine weitere unterirdische Kirche
besuchen - die Serbisch-Orthodoxe. Sie hat derzeit zwar mehr einen Museums-
status, aber wenn sich ein neuer Priester einfindet, wird es bestimmt auch wieder
Gottesdienste darin geben. Olga ist von den Arbeiten der Fräs- und Bohrmaschine
sehr beeindruckt, denn die typischen Tunneling-Spuren passen trotz Höhlencha-
rakter zu diesem Gotteshaus. Auch das Mosaik am Fenster findet sie faszinie-
rend. Die dargestellten Bilder sind eine Mischung aus typisch orthodoxen und
australischen Einflüssen, denn als Ergänzung zu den Heiligendarstellungen sind
ungewöhnlicherweise auch Pflanzenbilder vorhanden. Der Rest der Kirche passt
sich dann wieder den traditionellen orthodoxen Vorschriften an, so ist der Altar-
raum durch eine Bilderwand mit Türen, die Ikonostase, vom Kirchenschiff getrennt
und Stühle gibt es keine, da man während des Gottesdienstes steht oder kniet.

Nach diesem ausführlichen Zwischenstopp ruft wieder der unendlich anmutende Stuart Highway durch Südaus-
tralien nach Adelaide. Langweilig ist es auch diesmal nicht, denn immer noch hält die Umgebung mitten im Out-

back die eine oder andere Überraschung parat, natürlich nur, wenn
man nicht unbedingt pausenlos mit der Sitznachbarin quatscht,
wie Olga das tut. Dafür ist Carsten sehr aufmerksam und infor-
miert immer, wenn es sich lohnt aus dem Fenster zu schauen.
Seine größte Begeisterung gilt allerdings nach wie vor den Road-
Trains
, welche er beim Entgegenkommen und Überholen mit Hin-
gabe filmt.

 
Aber er schießt auch Fotos von den Verkehrszeichen am Stra-
ßenrand, die zum Teil amüsant sind und manchmal auch eine
ganze Geschichte mit sich bringen. Zum Beispiel das Schild mit
einem Flugzeug und der Information, dass in 500 m ein "RFDS
Emergency Roadstrip
" ist, kann unter Umständen Leben retten.
RFDS steht für Royal Flying Doctor Service und ist eine Organi-

sation, welche sich um die medizinische Notfallversorgung im
Outback kümmert, da der Weg zum Arzt in der Regel einfach zu
weit ist. Wird ein solcher RFD gerufen, steigt er in seine Propel-
lermaschine und fliegt dem Unfallopfer bzw. Krankentransport ent-
gegen. Aus diesem Grund sind bestimmte Straßenabschnitte des
Highways so gekennzeichnet, dass dort auch eine Flugzeuglan-
dung
möglich ist. Und um einen unwissenden Autofahrer zu war-

nen, dass unter Umständen ein Flieger vor ihrer Nase landet, stellt
man solche RFDS-Infotafeln auf. Ein besonders großes Schild
warnt vor herumlaufenden Nutztieren, wie z.B. Kühen und Scha-
fen, und das sogar in 3 Sprachen: Englisch ("Animals on road"),
Deutsch ("Tiere am Weg") und eine uns unbekannte mit 4 asia-
tischen Schriftzeichen. Manche Tiere dieser Art stellen aber keine
Gefahr mehr für den Autofahrer dar, denn sie liegen hin und wieder

unbeweglich halbaufgefressen oder völlig aufgedunsen am Weges-
rand. Bekanntere Straßenschilder sind die gelben Warnungen vor
Kängurus und natürlich der Hinweis über die horrenden Entfernun-
gen
zur nächsten Tankstelle oder Telefonzelle. Ein Handynetz ist
hier, wie schon vorher mal beschrieben, natürlich nicht mehr gege-
ben ... zumal auch keine Musik aus dem Radio trällert.

Unsere Kamera ist im Gegensatz zur Hinfahrt und der Begegnung mit dem
Känguru jetzt immer griffbereit, da sie ja auch für die LKW-Videoaufnahmen
rege genutzt wird, und deshalb schafft Carsten sogar ein Bild von zwei über
die Straße laufenden Emus zu machen. Viele Kilometer weiter zeigt das
Navi eine große blaue Fläche direkt an der Straße an, aber als Sascha auf
eine Nebenstraße einbiegt, um sich diese nach Erreichen genauer anzu-
gucken, zeigt sich der dazugehörige See nur in weiter Ferne. Trotzdem sind
unsere Gastgeber völlig aus dem Häuschen, denn es gab an dieser Stelle
schon seit einigen Jahren kein Wasser mehr, da eine langjährige Dürreperi-
ode
herrschte. Erst dieses Jahr hat es endlich mal wieder ausgiebiger ge-
regnet und man bekommt ab und an sogar Wasseransammlungen zu Ge-
sicht, statt nur ausgetrockneter Täler.

Wir haben einen sonnigen Tag erwischt und somit versüßen wir unsere Zwi-
schenstopps immer wieder mit Picknicken und Fußballspielen. Aufpassen
auf andere Autos müssen wir dabei nicht, da wir auf der Straße nur selten
anderen Vehikeln begegnen und auf den Parkplätzen immer ganz allein sind.


 

 

So auch bei unserer letzten großen Rast, wo wir versuchen, unsere Vorräte so gut es geht
zu vernichten. E
rstaunlicherweise ist Carsten ganz schnell satt und nutzt die Gelegenheit,
allein durch die angrenzende Wüstenlandschaft zu schlendern. Verloren gehen kann man
hier bestimmt nicht, denn die wenigen Pflanzen sind klein bzw. niedrig und die Sicht somit
weit. Als er zurückkommt, berichtet er von einem ausgeschlachteten und verrosteten 50er-
Jahre-Autowrack
und legt uns ein paar überraschende Fundstücke auf den Tisch: ausge-
blichene Krabbenüberreste
. Da wir von einer fossilen Erklärung absehen (wir erinnern uns
an den urzeitlichen Lake Cadibarrawirracanna), hat sich wohl wirklich jemand die Mühe ge-
macht, mit einem Eimer voller Krabben so weit zu fahren, sie irgendwie in dieser Einöde
zuzubereiten und dann die Reste einfach liegen zu lassen. Leider haben wir manchmal
ohnehin das Gefühl, dass die Menschheit das Outback als eine große, kostenlose Müll-
kippe versteht, denn in der Ferne, weitab der Straße, waren schon mehrfach völlig verros-
tete Autochassis zu sehen. So sind die Australier eben: "Who cares?" ...

Die Zeit vergeht schneller als gedacht und mit jedem Kilometer nähern
wir uns den bewohnteren Gegenden. Untrügliche Anzeichen dafür sind
die Umstände, dass immer mehr Autos mit uns zusammen auf der
Straße fahren und die Umgebung zunehmend grüner bzw. bewachse-
ner
wird. Bei dem Anblick der saftigen Wiesen und Hügel bekommen
wir sogar das Gefühl, irgendwo in Irland zu sein.

 
Parallel zur Straße verlaufen Eisenbahnschienen und wir sehen so-
gar einen Zug darauf fahren. An sich bestimmt nichts Besonderes,
aber als Carsten das Schild mit einem roten Kamel an der Seite
der Waggons lesen kann, klärt er uns über die Bedeutung dieses
berühmten Gefährts der Eisenbahngeschichte auf. Es ist der legen-
däre The Ghan, welcher seinen Namen den afghanischen Kamel-
führern verdankt, die lange Zeit vor der Motorisierung für die Trans-
porte ins Landesinnere verantwortlich waren. Der Fernverkehrszug
heißt offiziell The Afghanistan Express und mit fast 3000 Strecken-
kilometern zählt er zu den längsten Eisenbahnlinien der Welt. Der
Zug durchquert seit 2004 in einer fast 50 Stunden dauernden Fahrt
den ganzen australischen Kontinent in Nord-Süd-Richtung und ver-
bindet damit die Küstenstädte Adelaide und Darwin, immerhin eine
Reise durch vier Klimazonen und über 22,5 Breitengrade hinweg.

Die Sonne bewegt sich während unserer Autofahrt immer weiter nach unten und wir erreichen die Weingüter von
Clare Valley
erst, als die leichte Dämmerung bereits unser ständiger Begleiter wird. Sascha und Marina haben
vor ein paar Jahren in dieser Gegend ihren Hochzeitstag gefeiert. Man kann sich zu Saisonzeiten (nochmals zur
Erinnerung: wir haben derzeit Winter!) Fahrräder ausleihen und schön von einem Weingut zum anderen fahren -
natürlich inklusive Weinverkostung, die es zu der Zeit in dieser Region auch überall gibt. Die Beiden erzählen
uns unter anderem, dass es sehr romantisch ist, abends in einem Bungalow mit einem Glas wohlschmecken-
den Rotwein auf der Terrasse zu sitzen und einfach auf die Wiesen zu schauen, wo in der Dämmerung die Tiere
zum Grasen erscheinen. In meinem Kopf entstand ein Bild wie aus Disneys Schneewittchen, so mit Häschen
und Rehen, während Marina weiter über die Realität berichtete: "... die Kängurus sind ja so niedlich, wenn sie
auf der Wiese den Rasen zupfen". Ach, da war ja was - so viel zu Klischees auf unterschiedlichen Kontinenten.

 
Heute ist leider Sonntag und daher sieht es mit
einer Weinverkostung eher mau aus, aber umse-
hen können wir uns trotzdem ein wenig. Im Ver-
gleich zu unserer nächstgelegenen Weinregion, in
Meißen, sind hier die Weinreben nicht auf Bergen
bzw. Hügeln angepflanzt, sondern erstrecken sich

wie Felder über die Ebene. Wir halten kurz an einer alten Kirche in Se-
venhill
an. Das Örtchen lebt vorrangig von Weinanbau und -produktion.
Nach der Besichtigung der St. Aloysius-Kirche auf dem Weingut Se-
venhill Cellars steigen wir noch in die Krypta hinunter, welche die Ru-
hestätte von 41 Jesuiten ist. Während unseres gesamten Aufenthalts
in und um das Gotteshaus begegnen wir keiner Menschenseele und
es wird zunehmend dunkler ... fangen so nicht viele Horrorfilme an?

Nach Gruselgefühl und tollem Sonnenuntergang beeilen wir uns nach
Hause zu kommen, da morgen ja für den Großteil der Anwesenden ein
ganz normaler Schul- und Arbeitstag ist. Wie schon auf der Hinfahrt ist
auch jetzt der Blick in die Nacht wenig aufregend und so sind am Ende

alle sehr froh nach etwa 10 Stunden in Reynella anzukommen und die Sachen ins Zimmer zu tragen. Wir trinken
noch mit der gesamten Familie einen Tee und berichten vom Erlebten, fallen dann aber auch kurz danach voller
unvergesslicher Eindrücke ins Bett.

 

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