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Donnerstag, 22. Juli
Das erste Australientier in Sicht

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Auch wenn wir uns sicherlich völlig auf die Landes- und Ortskenntnisse von Marina und Sascha verlassen kön-
nen, sind wir wie immer sehr daran interessiert, jemanden aus dieser Gegend kennen zu lernen. Daher hat Olga
schon vor einigen Wochen ein paar CouchSurfer aus Adelaide angeschrieben und gefragt, ob jemand Interesse
an einem kleinen Treffen hätte. Darlene hat sich darauf zurückgemeldet und nachdem man ein paar nette Emails
ausgetauscht hat, legten wir den heutigen Tag für ein Treffen fest.

Wir frühstücken noch schnell mit Marina, bevor wir etwa gegen 10 Uhr zum Café Zootz am Henley Beach auf-
brechen. Hier zeigt sich gleich sehr deutlich, dass das ausgeliehene Navigationsgerät Gold wert ist und wir sind
Marina und Sascha dafür unendlich dankbar. Wir besitzen nämlich eigentlich kein Navi, denn Olga hat Angst,
dass sie mit so einem Vorsager das Straßenkartenlesen völlig verlernt. Carsten dagegen bereitet sich in der Re-
gel immer mit einem Routenplaner auf unsere Fahrten ins Unbekannte vor. So kamen wir bislang noch immer
am Ziel an. Aber in Australien, mit Linksverkehr und anderen Neuerungen, die die gesamte Aufmerksamkeit des
Fahrers für sich in Anspruch nehmen, erweist sich das Nüvi 1350T von Garmin als perfekten Wegbegleiter. Dank
seiner guten Zeitvorgabe und perfekten Führung kommen wir pünktlich um 11 Uhr am vereinbarten Treffpunkt an.
Beim Aussteigen aus dem Auto stellt Olga aber mit Entsetzen fest, dass wir uns bezüglich des Kennenlernge-
schenks beide aufeinander verlassen haben und das extra importierte Dresden-Buch noch im Vorraum des Hau-
ses neben der Schuhen liegt ... zurück nach Reynella zu fahren ist jetzt aber definitiv keine Option.

 

Ein paar Minuten nach uns kommt auch Darlene mit dem Fahrrad
an. Sie zu erkennen ist recht einfach, denn sie hat in Natura das
gleiche bezaubernde und offene Lächeln wie auf ihren Profilbilder
bei CouchSurfing. Sie hat eine sehr warme Ausstrahlung, ist kom-
munikativ und spricht dazu ein fehlerfreies Deutsch. Sie lebte
13 Jahre in Aachen und war mit einem Deutschen verheiratet, der
leider vor einigen Jahren bei einem Autounfall ums Leben kam.

 

Der Wettergott ist uns hold und so machen wir mit ihr einen schönen Spaziergang am Strand. Carsten unterhält
sich aber viel mehr mit ihr, da Olga so fasziniert von den zahlreichen Tiermosaiken auf Steinen am Rande des
Weges
ist, dass sie immer wieder stehen bleibt, um die künstlerisch angedeuteten Meerestiere zu fotografieren.

Zurück am Startpunkt nutzen wir noch die restliche Zeit für einen Cappuccino im Strandcafé. Während wir sitzen
und genießen, zeigt Darlene uns auf der Stadtkarte von Adelaide noch gute und vor allem kostenlose Parkmög-
lichkeiten in Citynähe für unsere späteren Erkundungstouren und gibt einige Tipps, was man sich auf keinen Fall
entgehen lassen sollte.

Wir trennen uns gegen 14 Uhr, weil sie noch ganz dringend einige Besorgungen zu
erledigen hat. Deshalb beschließen wir den Nachmittag dazu zu nutzen, einen ers-
ten Einblick in die Innenstadt zu bekommen. Da das Frühstück schon lange zurück
liegt, wollen wir bei der erstbesten Fast-Food-Möglichkeit einkehren. Zu Hause ge-
hen wir seltener in Burgerschmieden, aber im Urlaub, gerade im Ausland und bei
Durchreisen, testen wir gern diese Essensmöglichkeiten. Der Zufall will es, dass
unser erstes Testessen bei Hungry Jack's sein sollte. Kennt man hier nicht? Ei-
gentlich doch, denn das Logo dieser Kette erinnert sehr stark an etwas sehr Be-

kanntes: BurgerKing. Zugegeben, es ist etwas modifiziert, aber dennoch gut wieder zu erkennen. Ein Blick bei
Wikipedia bestätigt am Abend unsere Vermutung, denn als das erste australische Restaurant dieser Kette 1971
aufgemacht werden sollte, war die weltweit bekannte Marke in Down Under bereits vergeben, weswegen man
hier eben unter Hungry Jack's firmiert. Am Ende können wir sogar keine großen Geschmacksunterschiede zum
europäischen Pendant entdecken, aber die Burgernamen sind natürlich größtenteils anders.

 

Mit gefüllten Bäuchen setzen wir uns ins Auto und fahren zum Victoriaplatz, der
wohl bekanntesten Stelle in der Adelaider City. Ähnlich wie Manhattan ist auch das
Zentrum von Adelaide auf dem Reißbrett geplant worden und weist somit eine recht-
eckige Anordnung der Verkehrswege auf. Alles ähnelt dabei irgendwie einem Wür-
fel, der die Zahl 5 anzeigt. Dabei sind die Augen grüne, straßenumsäumte Plätze,
von denen der Victoria-Square den Mittelpunkt bildet. Das Gebiet um die Parks ist
fast vollständig bebaut, entweder mit Asphalt oder Gebäuden, und heute insbeson-
dere ein Finanz-, Kultur- und Geschäftsdistrikt mit den einzigen "richtigen" Hoch-

häusern der Stadt. Erst nach den Kanten des Würfels (diese Straßen heißen North-, South-, East- und West-
Terrace) erstreckt sich rechteckig ein bis zu 600 m breiter, grüner Ring mit Grasflächen, Wasserläufen, Wander-
wegen und Bäumen. Erst dahinter beginnen die meist maximal zweistöckigen Wohn- und Gebäudeflächen mit
Anzeichen einer gewachsenen Straßenstruktur. Zwar nennt man diese Metropole im Allgemeinen Adelaide, aber
eigentlich besteht sie aus etwa 250 Orten, die dicht an den alten Stadtkern bzw. dem Parkring angeordnet sind
und deren Stadtgebiet sich weiterhin stetig ausdehnt. Im Norden bilden Sümpfe die natürlich Grenze, im Osten
der Ozean und im Westen die Mount Lofty-Bergkette, so bleibt derzeit eigentlich nur noch eine Expansion nach
Süden.

Zurück zum Victoria-Square, einem Oval, dessen grüne Mitte ein großer Springbrunnen und die beiden bedeu-
tendsten Fahnen des Landes ziert: die australische und die der Aborigines. Wir fahren insgesamt drei Mal um
den Platz und registrieren dabei einen etwas chaotischen Architekturmix. So wird z.B. das alte, viktorianische
Postgebäude rechts und links von modernen Hochhäusern gesäumt und auch andere Altsubstanzen, die wahren
Schmuckstücke der Innenstadt, stehen im Schatten kalter Stahl-Glas-Betonbauten.

Der nette und gemütliche Eindruck kehrt erst wieder beim Erreichen des rechteckig angelegten Parkgürtels
zurück. Alles wirkt hier so grün, frisch und gepflegt, ist aber auch wieder nur dem Winter geschuldet, denn im
Sommer, bei 40°C im Schatten, dürfte die Farbe Braun wohl eher das dominante Element sein. Wir fahren nun
einmal über die oben genannten vier Straßen mit der Himmelsrichtung im Namen um den Stadtkern herum. Im
Norden der City liegt die Universität und jede Menge Museen, womit dieses Gebiet einen sehr einladenden Ein-
druck auf Olga macht und wir jetzt schon einen Tag in dieser Stadtecke fest einplanen.

 

Wir haben genug gesehen und verabschieden uns von der Innenstadt
gen Osten in Richtung Belair. Die Gegend wird nun etwas hügeliger
und unsere begeisterten Touristenaugen entdeckten nicht nur male-
rische Eukalyptusalleen mit bunten Vögeln auf den Ästen, sondern
am Straßenrand auch die typischen und sicherlich allen bekannten,
australischen, gelben Warnschilder mit Bildern von Koalas und Kän-
gurus
. Natürlich wird an der erstbesten Parkbucht gehalten, um diese
zu fotografieren. Aber auch die Landschaft ist faszinierend und bei

einem besonders schönen Ausblick über ein Tal mit Teletubbie-Hügeln halten wir an und Olga steigt aus, damit
sie ihrer Fotosucht nachkommen kann. Nachdem sie das fabelhafte und absolut romantisch angehauchte Bild in
Nullen und Einsen auf die Speicherkarte gebannt hat, blickt sie an einem Eukalyptusbaum hoch ... was für eine
Größe! Aber der Baum hält noch eine Extraüberraschung für sie bereit, denn in einer Astgabel döst ein echter
Koalabär - unser erstes Australientier in Fleisch und Blut und dann noch vor der Linse.

Auf dem Nachhauseweg biegen wir allerdings noch einmal von der direkten Route ab, denn wir wollen zum ges-
trigen Hallet Cove, um unseren ersten australischen Sonnenuntergang am Meer zu erleben. Und der ist richtig
toll! Wir gönnen uns einen kleinen Strandspaziergang und schmunzeln über landestypische Kleinigkeiten.

Zum einen fällt ein fest installierter und sehr sauberer Elektrogrill samt überdachtem Platz auf (solche annehm-
liche Installationen werden wir in den nächsten Wochen noch öfters sehen können) und zum anderen entdecken
wir auf einem Spielplatz ein Schaukeltierchen eben nicht in Pferde- oder Hundeform, sondern mit den Umrissen
eines Koalas. Direkt am Strand finden wir ständig Sepiaschalen, deren Größe wirklich beeindruckend ist. Selbst
Erklärungstafeln über die hier vorherrschende Tier- und Pflanzenwelt können uns belustigen, denn als Fremd-
sprachler klingen Geschöpfe mit Namen wie "Old wife fish" (Altfraufisch) oder "Round-leaved pigface" (rundblätt-
rige Schweineschnauze) wirklich komisch. Auch der Hinweis "Don't worry! We only sting a little bit!" (Keine
Angst! Wir stechen nur ein bisschen!) neben einem Quallennamen zeugt von der wesentlich unbekümmerteren
Lebensweise der Australier.

Die Gegend hier ist so friedlich und ruhig. Wir genießen das Gefühl endlich im Urlaub zu sein und die Zeit zu-
sammen genießen zu können. Aber als die Sonne wie auf Knopfdruck im Meer versinkt, wird es schlagartig
dunkel und wesentlich kälter als zuvor, sodass wir zu unserem Getz zurückkehren, um nun definitiv den Home-
Anweisungen des Navis zu folgen.

Daheim erleben wir zum ersten Mal,
dass Tim am Flügel im Musik-/Wohn-
zimmer sitzt und etwas vorspielt. Seine
Leidenschaft ist eigentlich das Schlag-
zeug (das steht gleich daneben), aber
mit einer Klavierlehrerin als Mutter hat
man schlechte Chancen, dem Unter-
richt auf einem Tasteninstrument zu
entkommen. Nachdem wir ihn mit Lob
und Applaus eingedeckt haben, fahren

wir mit Marina zu Coles, um Essen und Getränke für unseren morgigen Wochenendtrip nach Coober Pedy zu
besorgen.

Nachdem die Einkäufe erledigt sind, trifft sich die Familie zum gemeinsamen Abendessen. Borschtsch, Plow
(Reis mit Fleisch) und, gemäß der russischen Tradition, jede Menge Tee werden beim ausgiebigen Erzählen
über das Erlebte, die Vergangenheit und Gott und die Welt verdrückt. Anschließend packen wir unsere Sachen
für den bevorstehenden Ausflug ins australische Outback. Dafür muss der Wecker allerdings schon auf 3:30 Uhr
eingestellt werden.

 

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