Um 10 Uhr Adelaider
Zeit erreichen wir das Ziel unserer langen Flugreise. Marina wartet bereits am
Ausgang und strahlt über das ganze Gesicht als sie uns entdeckt. Sie hat
ganz schlau gehandelt und eine knallgelbe Jacke angezogen. So können wir
sie in der Menge der Abholer sofort erkennen und anschließend ganz herzlich
mit Umarmungen und Küsschen begrüßen. Jetzt müssen wir
bloß noch unsere Koffer und dann unseren Mietwagen abholen. Nachdem
uns Marina noch ein Navi mit voreingestellter Home-Destination in die Hand gedrückt
hat, trennen sich unsere Wege für kurze Zeit, denn sie stellte ihr Auto
auf einem etwas entfernteren Bezahlparkplatz ab und mit Gepäck passen
bestimmt keine drei Personen in unseres. Wir verabreden uns an einer in Sichtweite
befindli- chen Tankstelle zu treffen. So bleibt uns genug Zeit den zugeteilten
Hyundai Getz zu finden, die Koffer zu ver- stauen und sich mit dem Vehikel
vertraut zu machen. Klar kann Carsten exzellent Auto fahren, aber vieles (nicht
alles!) ist in Australien eben anders. Das Steuer ist dank Linksverkehr auf der
rechten Seite, Bremse und Gas- pedal bleiben aber an gewohnter Stelle. Auch
die Automatik stört nicht weiter, muss allerdings mit Links bedient werden.
Blinker und Scheibenwischer sind vertauscht, weshalb man Neuankömmlinge meist
an der sehr sau- beren Scheibe beim Abbiegevorgang erkennt. Nach ein
paar Minuten holt uns Marina ab und führt uns als Vorausfahrende parallel
zum englischsprachigen Navi nach Hause. Wir haben nur immer wieder die Sorge,
sie in dem dichten Verkehr und bei der noch sehr ho- hen Konzentration auf
die ungewohnten Verhältnisse aus den Augen zu verlieren. Aber sie nimmt Rücksicht
auf unsere Situation, indem sie sehr vorbildlich fährt und uns nie aus
dem Rückspiegelblickfeld lässt. So kommen wir nach ca. 20 min Fahrzeit
heile an ihrem Haus in Reynella, einem Vorort der 1,2 Millionenstadt Adelaide,
an. Zum Vergleich: der gesamte Bundesstaat South Australia hat insgesamt 1,7
Mio. Einwohner und ist fast dreimal so groß wie Deutschland! Wir
bekommen das Zimmer von Tim, eigentlich Timothy, dem mit 10 Lenzen jüngsten
Spross der Familie. Für die Zeit unseres Aufenthaltes darf oder muss (je
nachdem aus welcher Sicht man es beurteilt) er bei seinem 6 Jahre älteren
Bruder Eugene einziehen. Tim freut eine solche Abwechslung innerhalb des normalen
Alltags na- türlich sehr, Eugene weniger, aber er arrangiert sich ganz
gut damit. Da beide noch in der Schule sind, freut sich zunächst ein
anderer Bewohner über unser Ankommen, denn der ganz junge, temperamentvolle,
rotgestreifte Stubentiger namens Tommy
versucht unsere Unwissenheit auszunutzen und durch die offene Haustür zu
schlüp- fen - leider Pech gehabt, Marina hat uns selbstverständlich
vorgewarnt. Nach
einer kulinarischen Stärkung mit Borschtsch und der russischen Spezialität
"Hering unter Mantel" zeigt uns Marina das Haus. Immerhin leben hier
drei Generationen unter einem Dach: Marinas Eltern, Opa Vladimir und Oma Alla,
Marina und Sascha selbst und die beiden Jungs. Das Haus ist geräumig, aber
nur auf einer Eta- ge, ohne Keller und da aus Holz gebaut, für unsere
steinwandgewohnten Ohren etwas zu hellhörig. Im Garten lernen wir die
Heimat des letzten, noch nicht genannten Bewohners kennen. Der Golden Retriever
Jim ist zwar der Wachhund des Anwesens, jedoch absolut gutmütig und völlig
verspielt. Aber
wir wollen uns nicht nur im Haus aufhalten und zudem muss Tim bald von der Schule
abgeholt werden. Bis dahin bietet Marina an, uns ihren Lieblingsplatz für
einen schönen Strandgang zu zeigen und wir stimmen diesem Ausflug natürlich
zu. Besonders Olga freut sich wahnsinnig darauf, endlich mal wieder am Meer spazie- ren
zu gehen. Wir fahren zum nicht weit entfernten Hallet Cove. Ein Hinweisschild
direkt am Eingang dieses Naturschutzparks erinnert sie daran, wo wir uns derzeit
befinden: Australiens Flora und Fauna ist zwar schön, aber auch verdammt
gefährlich. Neben giftigen Spinnen, Quallen, Fischen und gefährlichen
Krokodilen beher- bergt der Kontinent auch noch 14 der 20 giftigsten Schlangenarten
der Welt. Deshalb sollten Warnungen, wie "Beware
of snakes in area" bestimmt sehr ernst genommen werden. Marina weiß
sie allerdings zu beruhigen, denn im Winter sind Schlangen und Spinnen nicht
sonderlich aktiv. Stimmt ja, trotz der durchschnittlichen deu- tschen Sommertemperaturen
von 20 Grad haben wir hier derzeit Winter. |