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Sonntag bis Dienstag, 18.-20. Juli
Abflug - Insgesamt 24 Stunden Verspätung, aber was soll's

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Olga und Carsten stehen nun pünktlich am frühen Abend im Flughafenterminal und unser Gepäck wird nahezu
ohne Probleme am Schalter angenommen. Da stört uns selbst der Hinweis nicht, dass unsere Koffer nicht direkt
nach Adelaide befördert werden, sondern wir sie beim Zwischenstopp in Sydney vom Band holen müssen, um
mit ihnen die Zollkontrolle zu bestehen. Ach ja, Recherchen im Internet haben vor den australischen Zollkontrol-
len gewarnt und am Abend vor dem Abflug schrubbte Olga deshalb noch alle unsere Schuhe so gründlich wie
nie zuvor. Sogar eine alte Zahnbürste wurde für einen makellosen Sohlenzustand eingesetzt. Ab da machten wir
uns dann aber überhaupt keine Sorgen mehr über eine bestimmte Zollbestimmung: es ist nicht erlaubt Dreck an
Wanderschuhsohlen in das Land einzuführen, da die Angst vor der Verbreitung von unerwünschten Pflanzenar-
ten zu groß ist. Freundlicherweise bieten natürlich auch Zollbeamten vor Ort einen Reinigungsdienst an, aber
das Vergnügen kostet ja "nur" 400 Australische Dollar (AUD, Wechselkurs in etwa 1:1).

Um 18 Uhr sitzen wir wie geplant in unserem Flieger nach Frankfurt. Olga hat sich wie üblich mit deutschen
Zeitungen eingedeckt. Ohne Zwischenfälle landen wir in der inoffiziellen Hauptstadt Hessens und tragen unser
Handgepäck gegen Mitternacht für den Weiterflug nach Singapur und Sydney in den Qantas-Flieger mit dem
typischen Känguruemblem. Olga hat zwar reichlich Lesestoff mitgenommen, freut sich aber dennoch über die
Möglichkeit auf einem eigenen Bildschirm mit den gratis (!) ausgegebenen Kopfhörern ein paar recht aktuelle
Filme sehen zu können. Leider klappt das visuelle Entertainment anfangs nicht so gut, denn die zentrale Tech-
nik muss nochmals gestartet werden. Laut einer Durchsage des Piloten soll es nur ein paar Minuten dauern,
aber am Ende vergehen ca. 30 Minuten bis man sich den cineastischen Genüssen weiter widmen kann. Eigent-
lich hätten wir da schon ahnen können, dass das kein besonders gutes Omen für diesen Flug war ...

 

12 Stunden später legt der Flieger seinen planmäßigen Tankstopp in Singapur
ein. Da alle Passagiere die Boing 747-400 verlassen müssen, schnappen wir
uns die Miniaturausgaben der Zahnbürsten und Zahnpastatuben aus dem Qan-
tas-Beutelchen und suchen das nächstgelegene WC im Terminal. Die Benut-
zung einer "vernünftigen" Toilette, die Gelegenheit einer reinigenden Gesichts-
wasch- und Zahnputzprozedur und die Möglichkeit die Beine zu vertreten, ist
eine wirklich dankbare Abwechselung zum tristen Sitzen bei monotonem
Triebwerksbrummen.
 

Nach 2 Stunden ertönt der Aufruf ins Flugzeug zurückzukehren und die zweitlängste Etappe mit fast 8 Stunden
Flugzeit steht an. Als wir abfliegen ist es draußen bereits dunkel, sodass wir beiden schnell in einen tiefen
Schlaf fallen. Völlig unerwartet werden wir von einer Stewardess geweckt und gebeten die Rollos der Fenster
wieder hoch zu schieben. Irgendwie haben wir eine wichtige Pilotenansage verschlafen und Olgas Sitznachbar
muss uns aufklären. Das Fahrwerk kann nicht eingezogen werden und somit kehren wir zurück nach Singapur,
wo wir eine Stunde nach dem Abheben wieder unfallfrei aufsetzen. Unsere Gedanken sind natürlich sofort bei
unserem Anschlussflug von Sydney nach Adelaide ... ob wir den noch schaffen? Bestimmt, es liegen schließlich
2 Stunden dazwischen.

 

Während die Techniker nach der Ursache dieses Defekts suchen, bleiben alle zu-
nächst noch im Flieger sitzen, aber bald werden wir alle freundlich aufgefordert,
das Flugzeug zu verlassen. Vor Ort ist es mittlerweile 23 Uhr als wir uns alle recht
schläfrig ins Gate schleppen. In der Wartelounge werden Wasser, kleine Kuchen
und Äpfel ausgeteilt. Die Sitzplätze reichen leider nicht für alle, so machen es sich
viele, u.a. auch wir uns, auf dem (zum Glück) sauberen Fußboden bequem. Wir
unterhalten uns mit einem deutschen Paar aus Sydney, die von ihren bisherigen
Erfahrungen mit Qantas und für die wohl in ganz Australien bekannten, häufiger
vorkommenden, technischen Problemen erzählen, die erst aufgetreten sind, seit

die Wartung ins günstigere Ausland verlegt worden ist. Gleichzeitig steckt diese Fluggesellschaft aber sehr viel
Geld und Mühe in die Ausbildung ihrer Piloten, was wiederum dazu führt, dass Qantas die älteste der großen
Fluggesellschaften ist, bei der es noch nie einen Absturz oder eine Panne mit Toten gab. Das tröstet uns natür-
lich enorm.

 


   

Doch es passiert genau das, was viele der Anwesenden trotz den beschwichtigen-
den Zureden des Flugpersonals vermutet haben: die Technikersuche bleibt vorerst
erfolglos und gegen 1 Uhr morgens werden Maßnahmen getroffen, die Passagiere
in Singapurer Hotels unterzubringen. Es folgt eine logistische Meisterleistung, wenn
man bedenkt, dass zu dieser späten Zeit die Koffer ausgeladen und verteilt werden,
die notwendigen Einreiseformalitäten und Visa für den Inselstaat erfolgen, Beförde-
rungsmöglichkeiten organisiert und freie Kapazitäten in umliegenden Hotels gebucht
werden müssen. Da haben wir wohl mehr Schwierigkeiten uns mit dem wahnsinnig
feuchten Klima außerhalb des Flughafengebäudes zu arrangieren und den richtigen
Bus in der Dunkelheit zu finden. Gleichzeitig müssen wir in dem Gewühle und Spra-
chenmix aufpassen, dass wir bei der Verteilung der Passagiere auf mehrere Hotels
auch wirklich in den Minibus gelangen, der zum richtigen Koffertransport gehört.

Erst nach der Ankunft im Orchard-Hotel finden wir wieder zum Ruhepuls zurück,
denn die Koffer sind ebenfalls alle angekommen, das Hotel ist erstklassig und ge-
gen halb drei liegen wir gemütlich auf einem KingSize-Bett. Aber wie es jetzt genau
weitergeht, hat uns noch keiner so richtig sagen können. Irgendwann in der Nacht
wird dann ein Umschlag unter der Tür durchgeschoben, doch wir sind bereits tief
im Land der Träume.

 

Ausschlafen können wir allerdings nicht, denn die Jetlagträume werden durch völlig unerwartetes Telefonklingeln
unterbrochen. Nach diesem Weckruf bleibt uns genügend Zeit zum Duschen, Kofferpacken und Frühstücken an
einem äußerst gut ausstaffierten Buffet - das schlägt das Flugzeugangebot verständlicherweise um Längen! Wir

geben unsere Koffer erneut am zugewiesenen Transporter ab und mit einem klimati-
sierten Shuttlebus werden wir zurück zum Flughafenterminal gebracht. Es folgt die
übliche Eincheckroutine und langsam gewöhnt man sich sogar daran. Am Ende ste-
hen wir wieder im Gate und gucken auf unseren Flieger von gestern, nur mit dem Un-
terschied, dass er jetzt tadellos funktioniert. Nach dem Abheben berichtet der Pilot
über die Ursache der Störung, eine unzuverlässige Sicherung, und die lange Suche
nach dem Grund des Auslösens.
 

Nach 8 Stunden Flug erreichen wir endlich Syd-
ney. Beim Warten auf genügend Platz zum Aussteigen können wir beob-
achten, wie das Gepäck aus dem Laderaum auf die Kofferwagen gelangt und
sind milde gesagt empört. So einen rabiaten Gepäckarbeiter haben wir noch
nie erlebt, denn trotz dem er die Fracht, im Übrigen auch einen zusammen-
geklappten Kinderwagen, gemütlich absetzen könnte, pfeffert er sie mit vol-
ler Wucht in die Ecke des Hängers. Kein Wunder, dass so auch Hartscha-
lenkoffer heftige Risse bekommen! Getreu dem Motto "Alles, was unter 1 m
Höhe und 2 m Weite bleibt, ist nicht ordnungsgemäß ausgeladen!".

 

Leider ist durch die Verspätung in Singapur nun auch der letzte Anschlussflug nach Adelaide weg. Zum Glück
werden auch hier von Qantas ein Hotel und die Anfahrt dorthin organisiert und alle notwendigen Informationen ge-
langen ohne unser Zutun zu uns. Das Personal weiß genau darüber Bescheid, wer wohin fliegen muss und wir
brauchen uns zum Glück um nichts zu kümmern. Nur die gefürchtete Zollkontrolle müssen wir ganz allein durch-
stehen. Doch wir denken uns, dass es eigentlich nicht mehr schlimmer kommen kann. Jedenfalls hat jemand
höheres wohl ein Einsehen mit uns und am Ende lief es so einfach wie noch nie bei unseren Überseereisen ab.
Nett, freundlich, schnell - wir schätzen, unser Lächeln, die gute Vorbereitung und die perfekten Englischkennt-
nisse machen uns die Abfertigung auf jeden Fall leichter. Über eine Sache ist Olga aber enttäuscht: keiner wür-
digt es, dass die Sohlen unserer Wanderschuhe soooooo sauber sind!

 

Das bereitgestellte Hotel Mercure in Sydney liegt nur 5 min mit dem Shuttelbus vom Flug-
hafen entfernt. Als wir unsere etwas lädierten Koffer für den Transfer zum Hotel aufgeben,
muss Olga sich das Grinsen geradezu verkneifen, denn die Fahrer beider Gepäcktranspor-
ter rechnen nicht damit, dass jemand der Anwesenden auch der russischen Sprache mäch-
tig ist. Für eine schriftliche Wiedergabe ihrer Unterhaltung bräuchte man ganz viele Stern-
chen, denn die ausgesprochenen Worte treiben selbst ihr die Schamröte ins Gesicht.

 

Allerdings bleibt uns in Sydney der Hitzschlag erspart, denn hier merkt man schon die ersten Vorboten des aus-
tralischen Winters. Es ist um einiges kühler und es hat vor Kurzem geregnet. Während Olgas immer noch auf
Deutschland eingestellte Uhr 15 Uhr anzeigt, ist es hier schon 22 Uhr. Wir checken im Hotel ein, stellen die Kof-
fer im Zimmer ab und befreien den Teddybären aus dem Koffer. Für ein Abendessen im Haus ist es bereits zu
spät, sodass wir eigentlich nur zwei Gedanken haben: wie stillen wir unseren Hunger und wenn wir schon mal
hier sind, warum nicht einen Trip zur Harbor Bridge bzw. zur Oper machen. Die Auskunft an der Rezeption ist
aber leider sehr ernüchternd. Mit einem Taxi würden wir in eine Richtung ca. 40 Minuten brauchen und dafür
auch noch etwa 75 AUD hinblättern. Aufgrund der Kosten und der späten Stunde lassen wir die Vernunft siegen
und hoffen einfach nochmals nach Australien kommen zu können, um auch diesen Zielen die entsprechende
Aufmerksamkeit zu widmen.

Hunger und Neugier treiben uns trotzdem aus dem Hotel, aber wir sind mitten in einem Gewerbegebiet unterge-
bracht ... es gibt nicht mal ein McDonalds und auch nicht irgendeine Nachbarschaftskneipe. Wir streifen den-
noch durch die menschenleeren Straßen, vorbei an Autohäusern, Tankstellen und finden kurz vor Mitternacht
noch einen kleinen Lebensmittelladen, welcher von einem älteren Mann, vermutlich einem Araber, geführt wird.
Wir schwatzen ein wenig mit ihm und kaufen in diesem "Onkel-Achmed-Shop" (er war definitiv keine Tante
Emma!) eine Packung Scheibletten, eine Dose Frühstücksfleisch der Marke SPAM und eine Dose Thunfisch.
Eine Stange Toast, welche in 2 Tagen ihr Mindesthaltbarkeitsdatum erreicht hätte, bekommen wir als Geschenk
dazu - er wollte sie uns schlichtweg nicht verkaufen. Mit einer Flasche Wasser aus einem Tankstellenshop keh-
ren wir zurück ins Hotel, wo wir uns mit Hilfe des netten Personals Gabel und Messer aus der verlassenen Kü-
che organisieren, denn sonst müssten wir das Ganze ja mit den Fingern essen. Es ist Urlaub, also tun wir et-
was, was zu Hause so gut wie nie passiert: wir essen vor dem Fernseher!

Wir sind erstaunt, wie gut auch nur 4 Stunden Schlaf tun können, denn wir müssen wieder beizeiten aufstehen,
da der Bustransfer zum Flughafen auf 7 Uhr angesetzt ist. Wir haben aber noch genug Zeit, um alles in die an-
geknacksten Koffer zurückzupacken, ein leckeres und reichliches Frühstück abzustauben und trotzdem recht-
zeitig am Hoteleingang für die letzte Etappe per Bus und Flieger zu stehen. Den, im Vergleich zur bisherigen
Entfernung, kleinen Hops von 1200 km absolvieren wir ohne weitere Vorkommnisse und mit exakt 24 Stunden
Verspätung zum eigentlichen Flugplan landen wir am Mittwoch überglücklich in Adelaide. Im Nachhinein können
wir sagen, dass die beiden Zwischenstopps im Hotel ein absolut wirksames Mittel gegen den Jetlag waren, der
bei Flügen gegen die Uhr besonders hart auftritt. So können wir uns von Anfang an voller Elan mit der heimi-
schen Wirklichkeit und Lebensart auseinandersetzen und die neue Welt näher kennen lernen. Groß ärgern brau-
chen wir uns über den verlorenen Tag auch nicht, denn am Ende haben wir geldlich eigentlich nur 29 Euro beim
Mietwagen eingebüßt - ein Hotel mussten wir ja nicht buchen. Eben ganz getreu dem australischen Credo
"Take it easy, mate! Who cares?" (Nimm's leicht, Kumpel! Wen juckt das schon?).

 

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