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Donnerstag, 11. Februar
Olga wandelt auf Washington Irvings Pfaden

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Trotz Urlaub klingelte der Wecker frühzeitig, denn die erste große Fahrt stand an. Das Ziel des heutigen Tages
war das 2 Stunden entfernte Granada mit der berühmten Burganlage Alhambra. Schon um 7:30 Uhr saßen beide
beim Frühstück im britischen Stil mit Bacon, Beans und Sausage. Zur ersten Mahlzeit am Tag wurde aber auch
Weißbrot mit Aufschnitt, Käse und Verstreichbares, sowie Müsli & Co. geboten.
 

   Infobox GRANADA:
           Am Fuße der Sierra Nevada (heißt übersetzt "schneebedecktes Gebirge") liegt die oftmals
auch als schönste Stadt Spaniens bezeichnete Metropole Granada. Sie wurde erstmals 500 v.Chr.
erwähnt und zählt heute mit mehr als 250.000 Einwohnern zu den zwanzig größten Städte des Lan-
des. Aufgrund seiner geschützten Lage zwischen den Bergen und der fruchtbaren Erde war Granada
immer wieder ein herrschaftlich begehrtes Gebiet und wurde im Laufe der Zeit z.B. von den Römern,
Vandalen, Westgoten, Mauren, Berbern und zuletzt von den Katholiken erobert. Diese Vielzahl an
Einflüssen lassen sich an der gut erhaltenden Architektur und den zahlreichen Sehenswürdigkeiten
ablesen. Die Festung Alhambra, der Palast Generalife, die alten Stadtmauern aus dem 11. Jahrhun-
dert, die Stadttore Puerta Elvira, Puerta de Monaita und Puerta Nueva, die Kathedrale Santa María
de la Encarnación und das Kartäuserkloster La Cartuja, um nur ein paar zu nennen.
 


 

 

Während Carsten vor der Abfahrt um 8 Uhr noch das Auto vorbereitete (die Unterhaltungs-
elektronik wurde eingerichtet und zwei mitgebrachte Warnwesten verstaut), schoss Olga
die ersten Fotos vom Hotel und Zimmer bzw. unserem Balkon im dritten Stock. Danach
genossen sie die Autobahnfahrt über die Berge im Norden, entdeckten visuell die karge
Flora und Fauna
und sichteten sogar eine der allgemein bekannten spanischen Stierfiguren
auf einem Hügel. Die Aussicht reichte weit, es war etwas bewölkt, aber trocken. So erreich-
ten sie ohne Probleme und sogar auf Anhieb die Parkplätze der Alhambra und konnten ihr
mitternächtlich gebuchtes Zeitfenster auf jeden Fall nutzen: ab 10 Uhr in die Festungsanla-
gen, ab 13 Uhr in den Palast.

"Granada" ist vielen nur als Ford-Modell bekannt und auch dem Namen "Alhambra" ordnet
man gerne einem Brettspiel oder dem Modell von Seat zu, doch hier haben beide Begriffe
geschichtliche Bedeutung und sind wahre Touristenmagneten. Die maurische Vergangen-
heit der 250.000 Einwohner zählenden Stadt spiegelt sich zwar im gesamten Bereich von
Granada wider, aber die Palastanlage der Alhambra gilt zudem noch als glanzvoller Höhe-
punkt islamischer Baukunst. Auf dem Asabika-Hügel breiten sich majestätisch der mauri-
sche Palast sowie die Gartenanlage der Generalife aus und im Hintergrund sind bei richti-
gem Blickwinkel und Weitsicht die schneebedeckten Gipfel der Sierra Nevada zu sehen -

wer kennt dieses Panoramabild nicht. Aber ausgerechnet am heutigen Tag versperrte der gemeine Nebel diese
Aussicht. Während der islamischen Herrschaft wurde im 13. Jahrhundert die "Kala al hambra" (Rote Burg) erbaut
und lässt bis heute beim Erkunden des Nasridenpalastes das Gefühl von 1001 Nacht aufkommen. Da der letzte
maurische König aufgrund der Ausweglosigkeit auf größere Kampfhandlungen verzichtete und 1492 die belagerte
Stadt den Katholiken übergab, blieb die gesamte Anlage in einem äußerst guten Zustand erhalten. Neben den
vielen Türmen und Toren locken insbesondere der Festungsbereich Alcazaba, der Gewölbe- und Rundbau Pala-
cio Carlos V., der Königspalast der Nasriden und der etwas abseits gelegene Palacio de Generalife unzählige
Besucher an. Das Unesco-Weltkulturerbe der Alhambra gilt als eine der meistbesuchten Touristenattraktionen
Europas. Olga hegte schon seit ihrer Schulzeit den Wunsch einmal hierher zu kommen, denn die "Erzählungen
von der Alhambra" von Washington Irving hatten ihre Neugierde und Faszination für diesen Ort geweckt. Sie soll-
te am Ende nicht enttäuscht werden ...

   Infobox ALHAMBRA:
           Mit über 2 Millionen Besuchern pro Jahr zählt die besterhaltenste Burg der islamischen Welt
zu den meistbesuchten Sehenswürdigkeiten Spaniens. Da ihre Mauern aus eisenhaltigen Tonziegeln
in der Abendsonne rötlich leuchten, nannten die Araber sie "al hambra" (= "die Rote"). Durch die di-
versen Eroberungen und Herrschaftswechsel vermischen sich in der Burganlage orientalische Ein-
flüsse mit Renaissancebauten und weitläufigen Parkanlagen.

Die Weitläufigkeit des Geländes wurde Olga und Carsten erst bewusst, als sie vom Parkplatz nach ein paar Mi-
nuten Fußmarsch zwar am Kassenhäuschen ankamen, von dort aber noch weitere 30 Minuten durch einen Gar-
ten bis zum eigentlichen Palastkern benötigten. Langweilig wurde es dabei nie, denn die Nebengebäude, Wehr-
anlagen
und Bepflanzungen, z.B. eine lange Reihe mit Lebensbäumen, die mit Draht zu grünen Burgmauern in-

klusive Zinnen und Fenster geformt waren, sahen trotz einsetzendem Nieselregen sehr interessant aus. In einem
der ersten Souvenirshops konnten sie sogar eine spanische Flagge kaufen, auf denen die CouchSurfer sich in
den nächsten Tagen verewigen sollten
- nach den Erzählungen von Candido hatten sie es sich sehr viel schwie-
riger vorgestellt.

Als sie die innere Burganlage und den forumähnlichen Palacio Carlos V.
erreichten, fing es äußerst heftig an zu regnen, aber zum Glück hatten
sie einen großen Regenschirm dabei. Der Versuch aufgrund des Wolken-
bruchs eventuell schon eine Stunde früher in den schützenden Palast zu
kommen, scheiterte leider kläglich an den finster und genervt dreinschau-
enden Türstehern.
Zum Glück ließ der Regen etwas nach und sie konnten
sich die frei zu erlaufenden Teile der Alhambra in Ruhe angucken, einen
Blick über die wolkenverhangende Stadt werfen und sandwichkauend die
Besucher beobachten, die diese Tour heute ohne Regenschutz versuchten
... manche sogar im Schweinsgalopp. Nach dem erquickenden Besuch ei-

nes weiteren Shops mit dem Hinweis "I touch, I break, I pay" warteten sie die letzten 15 Minuten bis zum Einlaß sitzend in einem Torbogen ... warum nur fiel ihnen in dem Moment der Vergleich zum "Hadrians Tor" am 3. Tag
in Antalya
ein?    ;o)

Endlich konnten sie sich um Punkt 13 Uhr in die Reihe der Palastgucker einreihen. Die Fahrt hierher und das
Warten für den "Palacios Nazares" hatten sich aber wirklich gelohnt, denn die feinen Verzierungen im weißen
Marmor
an Wänden, Bögen und Fenstern sind einfach bezaubernd und der Palast wird von Washington Irving
völlig zurecht als "ein zu Stein gewordenes Märchen aus 1001 Nacht" beschrieben. Alleine die mit sehr viel Lie-
be zum Detail restaurierten Stellen lassen einem das ein oder andere "Wow" entgleiten - wie haben die Men-
schen es erst im 13. und 14. Jahrhundert mit aus heutiger Sicht primitiven Werkzeugen geschafft?

Dieser Königpalast verfügt, zur damaligen Zeit in Europa untypisch für
herrschaftliche Sitze, weder über eine repräsentative Fassade, noch
über eine architektonisch bedeutsame Hauptachse oder über Raum-
fluchten, sondern reiht Innenhof an Innenhof, von denen man wiederum
in die unterschiedlich genutzten Räumlichkeiten und Gemächer gelangt.
Springbrunnen, Gartenanlagen, Blütenpracht, Zitrus- und Orangenbäum-
chen
runden das spielerische und einladende Gesamtbild des "Herzens
der Alhambra" inmitten der brachialen Festungsmauern ab. Viele Rei-
seführer fragen berechtigt, ob dies der Zauber bzw. das Geheimnis der
muslimischen Anlage ist - es zieht einfach jeden in seinen Bann. So
erzählt man sich auch heute noch die Legende, dass nach der Überga-
be der Stadt im Jahr 1492 der letzte maurische Herrscher Boabil, mit
dem Wissen nie wieder zurückzukehren, davon ritt und sich nur noch
ein einziges Mal zur Alhambra umgedreht hat. An diesem Ort, heute
als "Paß des Seufzers des Mohren" bekannt, verlor er die Fassung und
weinte hemmungslos über den Verlust seines Paradieses, worauf hin
seine Mutter ihm geantwortet haben soll: "Beweine nicht wie ein Weib,
was du nicht wie ein Mann hast verteidigen können.
"

Während der Besichtigung konnten Olga und Carsten in den Innenhö-
fen
freudig feststellen, dass der Regen nicht nur aufgehört hatte, son-
dern die Sonne sogar immer öfter durch die Wolkendecke brach. Da-
durch kamen die Mosaiken und Reliefs noch stärker zur Geltung. Nur
an einer Stelle wurden sie enttäuscht, denn der berühmte Löwenbrun-
nen
wurde gerade restauriert und die Brunnenschale stand ohne die
dazugehörigen Großkatzen inmitten des Innenhofes. Die 12 Löwen re-
präsentieren die 12 Stämme Israels oder auch die 12 Tierkreiszeichen
und damit den ewigen Kreislauf des Lebens. Man sagt zudem, dass
aus dem Brunnen der Quell des Lebens entspringt. Der Hof wird insge-samt von
124 Säulen (das arithmetische Mittel ist 7) umfasst und soll
somit die Schöpfungsgeschichte symbolisieren, denn am siebten Tag

vollendete Gott bekanntlich sein Werk.

Gleichfalls schade, aber auf keinen Fall genauso enttäuschend, waren
ein paar Kleinigkeiten während des Rundgangs: eine Russin stand mi-
nutenlang im schönsten Fotomotiv und reagierte selbst nicht einmal auf
die wütenden Blicke und Gesten der Genervten, eine japanische Reise-

leiterin ratterte mit lauter Piepsstimme monoton und (leider) unverständlich das auswendig Gelernte runter und in
die Zimmer von Washington Irving wurden Olga und Carsten aufgrund von Überfüllung gar nicht erst reingelassen.
Leider hatte man aber auch keine große Chance stehenzubleiben und zu warten, denn das virtuelle Fließband
der zeitlich regulierten Besucherströme schob einen unweigerlich weiter in den nächsten Raum oder Innenhof.

Viel ruhiger ging es da schon in den Gär-
ten
der Generalife zu, die sich beide im
Anschluß an die Alhambra anschauten.
Durch den gerade erst beginnenden Früh-
ling konnte man sich die Üppigkeit der
Natur in Form von Blütenpracht oder
Pflanzenbewuchs zwar nur vorstellen,
aber Brunnenanlagen, Palmen, Hecken,
früchtetragende Orangenbäume und di-
verse Wasserspiele, z.B. in einem Trep-
penhandlauf
, sahen auch schon jetzt
äußerst beeindruckend aus. Und über
allem lag irgendwie der süße Duft von rei-
fen Orangen ...

Auf dem Rückweg zum Parkplatz begegneten Olga und Carsten einer Yogakatze ... jedenfalls sah es so aus,
als würde sie diesen Sport gerade praktizieren. Zunächst saß sie wie angewurzelt mit einer angezogenen Vor-
derpfote und geschlossenen Augen da ("Der Baum") und löste sich dann mit ausstreckenden Hinterläufen, ei-
nem beherztem Gähnen und dem Ausschütteln aller Gliedmaßen aus ihrer Starre, begleitet mit einem Blick, als
würde sie den Zusehenden sagen wollen: "Is' was? Wohl noch nie eine Katze beim Meditieren gesehen, häh?".

Am Ausgang erkundigten sich die OLCAs noch nach der Adresse
eines Restaurants in der Innenstadt von Granada, welches Candi-
do voll des Lobes war - und er hatte verdammt Recht! Nicht nur,
dass die Frau an der Info nur aufgrund des Namens schon den
genauen Standort kannte und sofort auf der Straßenkarte zeigen
konnte, auch das Ambiente war einmalig und das Essen einfach

nur lecker. Sie hörten auf seinen Rat und bestellten nur eine hal-
be (!) Tapas-Platte und dazu Paella mit Hühnchen - nach dem
CS-Treffen mit Emilio aus Galizien wussten Olga und Carsten was
sie erwartet und dass sie keine "deutsche" Version mit Meeres-
früchten bekommen würden, da die Originalpaella eigentlich nur
den Reis und Gemüse beinhaltet, alles andere ist regionalbedingt.
Ungewöhnlich für die beiden waren allerdings die von der Decke
am Tresen hängenden Schinken, das Verhalten der an der Bar
Stehenden, die die gebrauchten Servietten auf die Erde warfen,
und dass um 16 Uhr alle Fensterrollladen geschlossen wurden ...
10 Minuten später standen sie wieder auf der Straße und wollten
das übrige Granada erkunden.

 
   Infobox SIESTA:
           Touristen aus Nicht-Mittelmeerländern unterschätzen gerne die Bedeutung der Ruhezeit an
jedem Nachmittag. In Spanien wird die "Siesta" genannte Pause meist zwischen 15 und 17 Uhr
durchgeführt und zeigt am deutlichsten den Lebensrhythmus der Südeuropärer, den nördlichere Kul-
turkreise nur schwer verstehen. Fast die gesammte Infrastruktur wird auf Sparflamme betrieben, um
zur Zeit der größten Tageshitze in kühlere Räume zu entkommen, aber auch, um sich auf das ge-
sellige Abend- und Nachtleben vorzubereiten. Es wird grundsätzlich spät gegessen und immer lan-
ge gefeiert ...
 

 
Schon vom Berg der Alhambra aus konnten sie deutlich die rie-
sige Kathedrale erkennen, in deren Nähe sie auch ein günstiges
Parkhaus gefunden haben, aber Einlass wurde ihnen nicht ge-
währt (erst wieder gegen Abend), denn es war Siesta-Zeit, die
traditionelle spanische Mittagsruhe (das erklärte dann auch die
Rolllädenaktion!). Als Deutscher ist es schon schwer sich daran

zu gewöhnen und so tapsten auch die OLCAs immer wieder
schmerzlich in dieses Fettnäpfchen - das war damals in Süd-
frankreich so und auch im letzten Sommer in Italien. Aus diesem
Grund sind sie nur einmal um das beeindruckende Kirchenbau-
werk
herumgelaufen und dann schon wieder zurück zum Auto
gegangen - es war ja eh fast alles geschlossen.

 
   Infobox KATHEDRALE SANTA MARÍA DE LA ENCARNACIÓN:
           Als eine der Großkirchen Andalusiens gehört dieses Bauwerk aus dem 16. Jahrhundert zu
den prachtvollsten Sakralbauten der spanischen Renaissance. Erst nach fast 200 Jahren sind die
Arbeiten an dem 160 m langen und fast 70 m breiten Gotteshaus mit insgesamt fünf Schiffen abge-
schlossen worden. Die mit Glasfenstern versehene Kuppel der "Capilla Mayor" erreicht eine Höhe
von insgesamt 48 m.
 

Außerdem war für die Rückfahrt nicht der schnelle Weg
via Autobahn geplant, sondern ganz gemütlich zunächst
nach Salobrena und dann auf der Bundesstraße N340 im-
mer am Meer entlang. Zur Freude der beiden klarte der
Himmel sogar vollständig auf
und das Wetter machte wie-
der Spaß, sodass die Küstenstraße bis nach Malaga ei-
nen Bilderbuchblick aufs Meer zuließ, einen traumhaften
Sonnenuntergang offenbarte, einen ersten Blick auf die
berühmten Weißen Dörfer in der Umgebung von Nerja bot
und auch zu einigen Stopps einlud.

Besser hätte die Zeitplanung nicht aussehen können, denn
sie erreichten das Hotel im Halbdunkeln ohne Probleme
(Candidos Rundfahrt sei Dank) und waren sogar noch
pünktlich zum Abendessen (immer von 18:30 bis 22 Uhr).

Im Zimmer rächte sich dann bei Carsten die kurze Nacht vor der Abreise, die lange Nacht mit Candido und das
frühe Aufstehen heute morgen, denn als Olga ein paar Schwimmzüge in der Wanne absolvierte, wollte er nur
kurz auf dem Bett liegen und danach die ersten Tage im Laptop einhacken, ist dabei aber tief und fest einge-
schlafen und war bis zum nächsten Morgen nicht mehr ansprechbar.

 

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